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Waltraud Schreiner - Ein Leben für die Leprakranken (*02.08.1923 - † 29.05.2011)
Gründerin des Freundeskreis KARACHI
Waltraud Schreiner wurde am 2.August 1923 in Wissen/Sieg geboren. Waltraud hatte noch fünf Geschwister. Im Alter von zwei Jahren kam sie mit ihrer Familie nach Freienohl. Von Beruf aus war sie Krankenpflegerin. Später half sie ihrer Schwester Mia in dem Blumenladen "Pöttgen" auf der Hauptstraße mit. Sie wohnte zuletzt in der Urbanusstraße 3.
Ein kleines Radio veränderte ihr Leben
Im Jahre 1956 lag sie mit einer Kopfverletzung im Krankenhaus von Winterberg im Sauerland. Sie durfte sich nicht bewegen, sollte nicht lesen. Ein junge, angehende Medizinerin gab ihr ein kleines Radio mit den Worten .... "aber Musik hören dürfen Sie!". Als das Praktikum der jungen Ärztin endete, kam sie wieder zu ihr, holte sich das Radio zurück und verschwand aus dem Leben von Waltraud Schreiner für die nächsten 3 Jahre.
Durch Zufall erfuhr sie von einer Bekannten, dass Dr. Ruth Pfau, so hieß die freundliche und hilfsbereite Medizinalpraktikantin, in Frankreich in den Orden "Töchter vom Herzen Mariä" eingetreten war und sich mittlerweile in Pakistan aufhielt. So schrieb sie ihr. Waltraud Schreiner in einem Interview im Jahre 1999: "Sie hatte mir mit dieser kleinen Geste, dem Radio sehr geholfen, und ich dachte, dass sie vielleicht auch Hilfe braucht."
Waltraud Schreiner erhielt einen langen Brief zurück, in dem Dr. Ruth Pfau von dem unendlichem Leid und der kaum vorstellbaren Situation der Leprösen in Pakistan berichtete. An dem Brief war eine Liste der Materialien und Hilfsgüter angeheftet, die sie benötigte, um dort überhaupt arbeiten zu können. Und damit veränderte sich das Leben von Waltraud Schreiner.
Wie alles begann: Der Freundeskreis KARACHI und der "Engel von Karachi"
"Engel von Karachi" haben die Leprakranken in Pakistan Waltraud Schreiner liebevoll genannt. Mehr als 4 Millionen Euro hat der "Freundeskreis Karachi im DAHW“, den Waltraud Schreiner 1962 in Freienohl gegründet hat, für die Arbeit der bekannten Lepraärztin Ruth Pfau, gesammelt.
In den ersten Jahren hat sie große Hilfstransporte von Freienohl nach Pakistan organisiert.
Vier Mal reiste Waltraud Schreiner selbst nach Pakistan, um sich ein Bild der Lebensverhältnisse in Karachi zu machen.
Ihre eigenen Eindrücke in Karachi unterstützte sie in dem Wissen: "Wenn wir diesen Menschen nicht in ihrem Elend helfen, ihnen Gesundheit zurückgeben, dann tut es niemand. Die Not ist zu groß."
Auf unzähligen Vorträgen, Basaren, Veranstaltungen mit Pfarrgemeinden, Vereinen, Schulen und Jugendgruppen warb sie für den Freundeskreis KARACHI.
Im Jahre 1973 gab sie erstmals den "Freundesbrief Karachi" heraus und baute damit in Deutschland einen treuen Freundeskreis auf, der die DAHW und Ruth Pfau bis heute wirkungsvoll unterstützt. Erst 1994 gab sie die Redaktion des Freundesbrief in andere Hände. Mittlerweile genießt Ruth Pfau Unterstützung von rund 2.000 Menschen aus verschiedenen Ländern.
Enorm wichtig waren für Waltraud Schreiner die vielen Helferinnen und Helfer hier im Sauerland.
Als großes Vorbild christlicher Nächstenliebe und unersetzlicher Motor der Freundeskreises trug sie wesentlich mit dazu bei, dass in Pakistan über 50.000 Lepra- und Tuberkulosepatienten geheilt werden und die Lepra unter Kontrolle gebracht werden konnte. Für ihre Verdienste um die Leprahilfe wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande (1982) und dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse (1990) ausgezeichnet.
Im Jahr 2012 steht das 50-jährige Jubiläum des Freundeskreises Karachi bevor, das die am 29. Mai 2011 im Alter von 87 Jahren verstorbenen Waltraud Schreiner nicht mehr miterleben kann.
02.08.1923 |
Waltraud Schreiner wird in Wissen/Sieg geboren |
1925 |
Waltraud Schreiner kommt mit ihrer Familie nach Freienohl |
1956 |
Die erste Begegnung von Waltraud Schreiner mit Ruth Pfau im Krankenhaus in Winterberg. |
1960 |
Ausreise nach Pakistan: Ruth Pfau wird Lepraärztin |
1961 |
Erste Sachspenden (Medikamente, Reißbinden, Wolldecken) kommen zusammen |
1962 |
Erste Kontakte von Freienohl nach Karachi |
1963 |
Weitere Sachspenden: Lohmann-Werke, Kevelaer spendet Verbandsmaterial; Milch- und Eipulver kommen hinzu |
1965 – 1967 |
Ärztekammer Berlin spendet aufgrund der Initiative von Waltraud Schreiner Medikamente im Wert von 13.000 DM; Erster Kontakt zum DAHW nach Würzburg |
1969 |
Krankenhäuser und Ärzte im Sauerland stellen Medikamente zur Verfügung; Frauengemeinschaften, Firmen und Geschäfte sammeln Textilien, Radios, Traubenzucker etc. für Karachi |
1971 |
Erster Aufruf zum Welt-Lepra-Tag (WLT) im Pfarrheim Freienohl; Frauengemeinschaften beginnen Wolldecken und Reißbinden herzustellen. Erste Haussammlungen in Freienohl, Oeventrop, Grevenstein, Uentrop und Breitenbruch |
1973 |
Der erste Rundbrief wird von Freienohl aus an Freunde und Gönner versandt |
1974 -1975 |
Erstes Treffen der Karachi-Freunde in der Schützenhalle Freienohl. Ehrengast ist Wilhelmine Lübke, die Frau des ehemaligen Bundespräsidenten |
1965 |
Frau Schreiner startet Ihre ersten Dia-Vorträge in Remblinghausen, Antfeld, Eslohe, Oberkirchen, Siedlinghausen, Oeventrop, Winterberg und Reiste |
1978 -1979 |
Ausstellungen und Basare in den Sparkassen Freienohl, Meschede, Wenholthausen und Winterberg Haussammlungen der Jugendkolping-Gruppe Freienohl im Kreis Meschede Ausstellung und Basar in den Beruflichen Schulen Olsberg |
1980 |
„Festival für den Frieden“ in der Schützenhalle Freienohl: 14 Musik- und Tanzgruppen wirken mit; daraus entsteht eine Schallplatte Apfelsaftaktion der Jugend: 10.000 Flaschen werden gemostert |
1982 |
„20 Jahre Lepraarbeit im Sauerland“; Feier in der Festhalle in Freienohl Verleihung des Bundesverdienstkreuzes am Bande |
1983 |
Reise von Frau Schreiner nach Karachi Großer Basar der Beruflichen Schulen in Olsberg; Großveranstaltung mit Ruth Pfau |
1986 |
Papstmesse im Petersdom: Frau Schreiner überreicht dem Hl. Vater ein Geschenk |
1987 |
Großveranstaltung in Freienohl mit Ruth Pfau: 25 Jahre Lepraarbeit im Sauerland |
1988 |
Start des Fackellaufs des Freundeskreis Karachi von der St. Nikolauskirche in Freienohl unter dem Motto: „Licht der Hoffnung“ |
1989 |
Das „Licht der Hoffnung“ trifft zum WLT in Karachi ein |
1990 |
Bundesverdienstkreuz 1. Klasse an Frau Schreiner durch Bundespräsident Richard von Weizsäcker |
1991 |
Ehrung von Frau Schreiner für 30-jähriges ehrenamtliches Engagement für das DAHW |
1992 -1994 |
Große Artikel in Zeitschriften wie „Tina“, „Das neu Blatt“, „Fernsehwoche“, TV Hören und Sehen“, „REVUE“, „Echo der Frau“ erscheinen, mit Überschriften „Der Engel von Karachi“; „Deutsche Rentnerin wurde zum Engel der Lepra-Kranken“ |
WLT 1994 |
Frau Schreiner gibt Ihren letzten Freundesbrief Karachi heraus und übergibt die Redaktion des Freundesbriefes an Harald Meyer-Porzky und Jürgen Belker-van den Heuvel |
12.09.2002 |
Dr. Ruth Pfau in Freienohl - "Zurück zu den Wurzeln" - Diavortrag, Talkshow und Gespräche mit Dr. Ruth Pfau in der Schützenhalle Freienohl |
2008 |
Jürgen Belker-van den Heuvel, Leiter des Büros der Deutschen Lepra- und Tuberkulosehilfe (DAHW) aus Münster zeichnet Waltraud Schreiner für ihr Lebenswerk mit der Goldenen DAHW-Nadel und einer Ehrenurkunde für ihr 45-jähriges ehrenamtliches Engagement aus. |
29.05.2011 |
Todestag von Waltraud Schreiner |
2011/12 |
DAHW beantragt eine Straße oder einen öffentlichen Platz in Freienohl nach ihr -"durch die Benennung , würde das Lebenswerk und die besonderen Verdienste einer herausragenden Freienohler Bürgerin gewürdigt, wertgeschätzt und den nachfolgenden Generationen als besonderes Vorbild in Erinnerung gebracht" - zu benennen. |
Freundeskreis KARACHI
in der DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe e. V.
Büro Münster
Höltenweg 35
48155 Münster
Internet: www.dahw.de
Spendenkonto:
Sparkasse Meschede
Konto-Nr.: 9 021 007
BLZ.: 464 510 12
Fotos: © DAHW
Quellennachweise:
Sonderausgabe des Freundeskreis KARACHI in der DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe e. V. "Trauer um Waltraud Schreiner", August 2011
Freundesbrief KARACHI - Waltraud Schreiner im Interview. "Ein kleines Radio veränderte mein Leben", September 199
www.dahw.de - Der Freundeskreis KARACHI - Waltraud Schreiner zum 85. Geburtstag - "Wir dürfen die Leprakranken nicht im Stich lassen", Juli 2008, Jürgen Belker-van den Heuvel
Wilhelm Kriner, Freienohl