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Vier Eisenbahn-Kapitel und ein Döneken
Mit der Eisenbahn durch die Giesmecke, den Plackweg kreuzen,
über Hirschberg nach Warstein – mit Zwischen-Stationen.
Planungen und Wirklichkeiten
Diese Tour ist unbekannt. Bekannt ist: 1871 fuhr die erste Eisenbahn über Arnsberg durch Freienohl nach Meschede und so weiter, oder in der Gegenrichtung. Aus der Geschichte dieser Ruhrtalbahn sind noch erwähnenswert zwei nicht so bekannte Begebenheiten. Zunächst aus den Freienohler Gemeindeprotokollen: 17. April 1889, TOP 4 (AA 407): „Die Anlegung einer Haltestelle am nördlichen Ausgang des Tunnels soll bei der zuständigen Behörde erbeten werden.“ Desgleichen noch einmal am 4. Mai 1889, TOP 2 (AA 407). Tatsächlich kam die Haltestelle, dann der Bahnhof an die entgegen gesetzte Seite. – Ferner aus zwei Gemeindeprotokollen: 5. Dezember 1892 (AA 411) und 12. September 1894; 26. April 1895 (AA 412): Die Gemeinde zahlt Pfarrer Falter für seine Reise zum entsprechenden Ministerium nach Berlin für seine „Bahnhofsmission“ 200 Mark. Gewiss war er damals der politisch Geeignetste. Solch ein sozial politisches Ziel zu erreichen, das vermochte wohl kaum ein Mitglied der Gemeindeversammlung, auch nicht aus arbeitszeitlichen Gründen.
Ganz unbekannt ist wohl der Wunsch der Hirschberger (zum Anschluss an die große Welt?) oder der Lippischen Eisenbahn (damals waren die Eisenbahn-Unternehmen noch Privatangelegenheit). Also aus dem Freienohler Gemeindeprotokoll vom 2. Juni 1886, TOP 1 (AA 407): „Brachte der Vorsitzende (Amtmann Enser) zum Vortrag, dass die Sekundär-Bahn Lippstadt-Warstein zum oberen Ruhrtal durchgebaut werden soll und dass in der jüngsten Sitzung der Handelskammer der Kreise Arnsberg, Meschede. Brilon für die Mündung von Meschede, bzw. Bestwig, Nuttlar plaudiert worden sei. Da die Gemeinde Hirschberg bedeutende Geldopfer zur Erlangung eines Bahnhofs zur Verfügung gestellt hat, so plaudierte der Vorsitzende für die Bewilligung eines Betrages, um im Anschluss der Vermessungsarbeiten von Hirschberg die Strecke Freienohl – Giesmecke – Hirschberg vermessen zu lassen, damit hierdurch die billigere Bausumme konstatiert werden könne. Ebenso müsse dahin gewirkt werden, dass die Gemeinde Freienohl im Langel einen Bahnhof erhalte und dass die Sekundär-Bahn von hier aus die bessere Ruhrtalbahn mit benutze. Die Versammlung konnte sich von der Ausführbarkeit des vorgeschlagenen Projekts noch nicht überzeugen, glaubte auch infolge dessen, der Gemeinde keine Opfer auferlegen zu dürfen, beschloss vielmehr in nächster Sitzung das Commitee von Lippstadt-Warstein-Hirschberg durch Deputierte beschicken zu lassen, um die dortigen Vorschläge prüfen zu können. Als Deputierte wurden der Vorsitzende und der stellvertretende Gemeinde-Vorsteher Noeke gewählt.“
Auch die folgenden Termine betreffen die Protokolle der Gemeinde-Versammlung Freienohl mit ihrem Vorsitzenden, dem Amtmann, dem Gemeinde-Vorsteher, dem stellvertretenden Gemeinde-Vorsteher und den Gemeinde-Verordneten.
Gemeinde-Versammlung am 9. Dezember 1886, TOP 2 (AA 407): Zur Beiwohnung der Versammlung von Interessenten der projektierten Bahn Warstein- Ruhrtalbahn am 10. Dezember in Warstein wurden die Herren Pfarrer Falter und stellvertretender Gemeinde-Vorsteher Noeke deputiert. Diese Deputation soll der Versammlung den Vorschlag machen, dass die Weiterführung der Lippstadt-Warstein-Bahn zur Ruhrtalbahn durch die Giesmecke nach Freienohl mit Bahnhof Freienohl bedeutend billiger auszuführen sei als die projektierte Linie Wennemen nach Meschede. Geht die Versammlung auf den Vorschlag auf den Vorschlag der Deputation ein, dann werden die Vermessungskosten von Freienohl bis zum Plackweg und Ausschreibung des Projekts hiermit bewilligt. - Warum Pfarrer Falter zu den deputierten Interessenten gewählt wurde oder sich hat wählen lassen wollen, ist hier nicht aktenkundig: wird etwas deutlich in der von ihm geschriebenen Pfarrer-Chronik / Pfarr-Chronik.
Protokoll der Gemeinde-Versammlung am 6./8. Januar 1887, TOP 7 (AA 407): „Herr Noeke berichtete über die Verhandlungen mit der Warstein-Lippstädter-Eisenbahn. Die Terrainverhältnisse von Freienohl bis zum Plackweg sollen mit Hilfe eines ortskundigen Begleiters untersucht werden. Ein Baurat soll auf Gemeindekosten mitarbeiten am Gutachten, ob die Gemeinde Freienohl auf ihre Kosten das Projekt bis zum Plastenberg ausarbeiten lassen will. Empfohlen von Caspar Kessler und C. Rocholl wird Baurat Schmitz aus Hagen.“
Am 24. Januar 1887, TOP 9 (AA 407): „Ingenieur Frohwein aus Elberfeld (wohl bekannt vom Bau der Ruhrtalbahn) soll die Terrainverhältnisse von Freienohl durch die Giesmecke auf dem Plackweg besichtigen. Von seinem Gutachten soll es abhängen, ob die Gemeinde das Eisenbahnprojekt verfolgt.“
Am 17. Februar 1887, TOP 4 (AA407): „Da der Ingenieur Frohwein bis jetzt nicht zu ermitteln ist, so übernahm Herr Kessler es, mit dem Herrn Ökonomierat Sternberg zu Lippstadt mündlich zu conferieren (sich mündlich abzusprechen)) Kosten sollen der Gemeinde hierdurch nicht erwachsen.“ - Der junge Unternehmer sammelt berufliche Beziehungen.
Protokoll der Gemeinde-Versammlung am 1. März 1887, TOP 1: Die Gemeinde-Verordneten Kehsler und Noeke refrierten über das Eisenbahn-Projekt Warstein-Hirschberg-Freienohl und es wurden nach eingehender Diskussion die Gelder zur vorläufigen bzw. oberflächlichen (nicht negativ zu gewichten wie im 20. Jh.) Projektierung der Strecke Freienohl – Plackweg aus der Gemeindekasse bewilligt. Herr Ingenieur Uflacke soll ersucht werden, die Vermessung schleunigst vornehmen zu lassen. Sämtliche Gemeinde-Verordnete erklärten sich bereit, Gelder zu diesen Projektierungs-Kosten bei ihren Freunden und Bekannten zu sammeln.
Protokoll der Gemeinde-Versammlung am 5. April 1887, TOP 5: Die Rechnung des Johann Schnapp für Hilfestellung bei den Arbeiten für das Bahnprojekt durch das Giesmecke-Tal wurde pro Kopf und Tag auf 1,50 Mark, also zusammen auf 9 Mark für 6 volle Tage festgesetzt.
Protokoll der Gemeinde-Versammlung am 18. April 1887, TOP 1: Das Bahn-Projekt Warstein-Hirschberg-Freienohl wurde vorgelegt und es wurde der Gemeinde-Verordnete Kehsler deputiert, mit dem Ingenieur Uflacka in Elberfeld wegen einer dritten (?) Bahnlinie durch das Ohl zu conferieren.
Außerordentliche Gemeinde-Versammlung am 24. April 1887, Protokoll vom 25. April, TOP 1 (AA 407): „Herr Kessler referierte über sein Gespräch mit dem Herrn Ingenieur Uflacka in Elberfeld. Die weiteren Kosten, die durch die Projektierung der Bahn durch das Ohl im Anschluss an die Ruhrtalbahn am südlichen Portal des Freienohler Tunnels entstehen, werden bewilligt.“ – Weitere Einzelheiten sind nicht aktenkundig.
Am 14. Mai 1887, TOP 1 (AA 407): „Das vom Ingenieur Uflacka vervollständigte Eisenbahnprojekt Freienohl – Hirschberg – Warstein soll dem Herrn Ökonomierat Sternberg zu Lippstadt eingereicht werden mit der Bitte der Weiterleitung an das Commitée der Eisenbahn Warstein - Ruhrtalbahn mit der Bitte, die Gemeinde Freienohl zu den Commitee-Sitzungen heranzuziehen.“ Inhalte des Gutachtens stehen nicht im Protokoll, wurden bisher auch nicht gefunden.
Protokoll der Gemeinde-Versammlung am 28. Juni 1887, TOP 7: Die Rechnung des Caspar Weber über 7,50 Mark wegen Aushilfe bei den ...(nicht lesbar) Arbeiten für die Eisenbahn Freienohl-Hirschberg-Warstein wurde auf die Gemeindekasse übernommen.
Am 4. August 1887, TOP 7 (AA 407): „In Betreff des Eisenbahnprojekts sollen sich der Amtmann Enser und der Stellvertretende Gemeinde-Vorsitzende Joseph Noeke mit dem Amtmann Schmitz in Warstein und mit Leihse in Hirschberg in Verbindung setzen.“
Pause, keine Aktenfunde.
Protokoll der Gemeinde-Versammlung am 12. September 1894, TOP 1: Die Eingabe und Denkschrift betreff die Bahnverbindung Finnentrop, Wennemen, Freienohl, Warstein wurde vorgelesen und demnächst die Eingabe von den Beteiligten unterzeichnet. (AA 412)
Erst Jahre später: am 3. April 1913 schreibt der Protokollant der Gemeinde-Vertretung TOP 6, (AA 415): „Die Verhandlungen in der Bahnangelegenheit Warstein – Hirschberg – Ruhrtalbahn sollen vorläufig auf sich beruhen bleiben.“ Aus heutiger Sicht und dank schöner Wanderungen durch die Giesmecke: gut so!
Die Glashütten der Giesmecke und ein Friedhof
und ihr Zusammenleben mit Freienohl
Drei sehr unterschiedliche Kapitel zum Leben in den Glashütten
Kinder der Glashütten kommen in die Schule in Freienohl
Aktenkundige Daten zum „Mittagessen“ und zum „Fremden-Schulgeld“.
Am 5. April 1888 beantragt der Freienohler Lehrer Linkamp das an ihn noch nicht überwiesene Geld von den „auswärtigen Schulkindern“. In einem Brief schreibt er: „Als auswärtige Schulkinder sind bisher solche Kinder angesehen, deren Eltern nicht im hiesigen Schulbezirk wohnen, auch solche Kinder auswärtiger Eltern, die bei den Eingesessenen des Freienohler Bezirks ihren Aufenthalt haben, ohne adoptiert zu sein.“ (A 1368)
(A = Akte im Archiv Freienohl im Stadtarchiv Meschede in Grevenstein; TOP = Tagesordnungspunkt)
Protokoll der Gemeinde-Versammlung am 6. April 1903 „TOP 10: Die Gemeinde-Vertretung ersucht den Schulvorstand, die fremden Kinder vom Bahnhof und aus der Giesmecke wegen der großen damit verbundenen Unzuträglichkeiten nicht mehr zum Besuch der hiesigen Schule zu zu lassen.“ - Mehr ist hier – leider - nicht aktenkundig.
Protokoll der Gemeinde-Versammlung am 24. Februar 1905 „TOP 5: Dem früheren Beschluss des Schulvorstandes, von den fremden Schulkindern die Selbstkosten als Schulgeld zu erheben wurde beigetreten (zugestimmt). Die Selbstkosten wurden auf 25 Mark pro Schulkind festgesetzt.“
„Fremde Schulkinder“: sie kommen aus der Gemeinde Calle: Olpe, Wennemen, Bockum, Giesmecke (Glasfabrik) und Köster (am Bahnhof).
Am 22. Dezember 1882 geht es um „das Mittagessen“. (A 1172)
Den Inhalt des folgenden Schreibens kannten Amtmann und Schul-Vorstand bei ihrem Verhalten gegenüber den Eltern und Kindern in Bockum, Giesmecke und Wildshausen.
Aus Arnsberg schreibt die Königliche Regierung, die Abteilung des Kirchen- und Schulwesens an die Amtmänner und Schul-Vorstände sehr einfühlsam und mit deutlicher Schulkinder-Lebens-Erfahrung: Ihnen „wird es nicht entgangen sein (1882!), welchen Beschwerden und Fährnissen (Gefahren) bei dem Schulbesuche diejenigen Kinder ausgesetzt sind, welche entfernt von dem Schul-Local wohnen und mit Rücksicht auf den Nachmittags-Unterricht wegen Kürze der Zeit zu Mittag das elterliche Haus nicht aufsuchen können, die Zwischenzeit vielmehr in der Schule zubringen müssen. Nicht bloß dass diese Kinder meistens nur auf ein Stück Brot zu Mittag angewiesen sind, müssen dieselben sogar oft mit durchnässter Kleidung den ganzen Tag dem Unterricht beiwohnen und sind sich in der Zwischenzeit vielfach selbst überlassen. - Körperliches Missbehagen und Krankheiten mancherlei Art sind zunächst die Folge dieser naturwidrigen Lebensweise. Aber auch der regelmäßige Schulbesuch wird beeinträchtigt und im Hinblick auf die insbesondere in den Nachmittagsstunden eintretende geistige Unlust der Erfolg des Unterrichts in Frage gestellt. Nicht minder tritt in erziehlicher (erzieherischer) Hinsicht der Nachteil ein, dass die Kinder, welche in der Zwischenzeit oft der nötigen Aufsicht entbehren, verwildern und sich vergehen. - Liegt sonach (folglich) hinreichende Veranlassung vor, … so muss auch die Schule auf Abhülfe (heutzutage sogeschrieben: Abhilfe) bedacht sein. Ihr obliegt, den Kindern das Elternhaus zu ersetzen, und sie muss nach Kräften die Fürsorge für die schlecht verpflegten und unbewachten Kinder übernehmen. Dies geschieht am besten durch Einrichtung sogen. Schulküchen. In diesen wird eine einfache (unterstrichen) – sei es aus Milch und Kaffee oder aus einer Suppe bestehende – warme (unterstrichen) Mittagskost für die Kinder hergerichtet, und hegen wir das Vertrauen, dass sich tunlichst dieser Aufgabe die Lehrerinnen und die Frauen der Lehrer gern unterziehen. Eventuell sind andere für das Wohl der Kinder interessierte Frauen zu ermitteln,...empfiehlt es sich, die freie Vereinsfähigkeit wachzurufen und insbesondere die Vaterländischen Frauenvereine... Wird so und vielleicht auch durch Beschaffung von einfachen Holzschuhen zum Zwecke der Benutzung im Falle der Durchnässung für das leibliche Wohl der Kinder gesorgt, so schließen sich an das gemeinschaftliche Mittagessen behufs geistiger Anregung der Kinder zweckmäßig geeignete Spiele, tunlichst im Freien... Es kommt nur darauf an, dass die ersten Versuche gelingen und es sind hierfür die mitwirkenden Personen besonders maßgebend... im Einvernehmen mit den Herren Local-Schulinspektoren (Pfarrer Adams war 1881 gestorben; bevollmächtigte Vertretungen waren aus Rumbeck Pfarrer Berens und Kaplan Bartels; Pfarrer Falter kam erst 1884)...Über das Resultat Ihrer Bemühungen sehen wir binnen 8 Wochen einem Berichte entgegen.“ (A 1172)
Der Besitzer Becker der Glasfabrik hatte für die Kinder seiner Arbeiter und Arbeiterinnen eine Schule bei sich „zu Hause“ mit einem Privatlehrer angestellt, bezahlt, nicht nur für seine eigenen Kinder, auch für die Kinder seiner Angestellten und kleinerer Glashütten. Als seine eigenen Kinder nicht „aus der Schule waren“, gingen die Kinder der Angestellten zur Schule nach Dinschede oder – wegen der Verwandtschaft – nach Freienohl. Wohl nicht mehr ins Alte Rathaus (zwischen der jetzigen Volksbank und der dann neuen Alten Schule), sondern in die neue Alte Schule, oder schon in die neue Schule, dem späteren Amtshaus, wenn nicht sogar in die ganz neue Schule, dem späteren Feuerwehrhaus (an der Hauptstraße, gegenüber vom Haus Kessler).
Einen Schulbus gab es noch nicht. Aber vielleicht passt hierher die Geschichte vom Esels Ställeken, auf Freienohlerisch: von „Issels Stelleken“ - nicht nur zum Schmunzeln:
Da, wo das Mondsiepen, kaum noch sichtbar, die Straße von der Langelbrücke hinauf in die Giesmecke kreuzt, oder wo die Straße von der Giesmecke am Rand des Waldstücks Hohlknochen hinab ins Ruhrtal führt, da wo in der Kurve eine kleine wilde Wiese liegt, da stand zwischen 1916 und 1924 ein kleiner wetterfester Holzstall: Esels Ställeken. In jenen Jahren lebte im Försterhaus hinten in der Giesmecke am Ende einer kurzen, für Kinder wunderschönen Kastanienallee die Familie des Försters Jakob Thomas. Freilich, das Haus gibt es seit Jahren nicht mehr. Familie Fleckner wohnte zuletzt darin. Die Tochter des Försters Jacob Thomas (noch ist ihr Vorname und ihr Alter unbekannt) ritt an jedem Schultag auf seinem Eselchen bis zu seinem Ställeken. Morgens ganz früh, pflichtgemäß erst zur Schulmesse (wenn man da fehlte, gab´s eine Strafe, wenigstens bei den Jungen, Knaben hießen sie damals offiziell). Das Schulkind band sein Eselchen im Stall fest, sicher lag da Futter, und ging weiter zur Kirche, den „Hügel“ hinauf. Nach der Schule ging das Mädchen wieder nach Hause. Vielleicht durch das Katersiepen (wenn seine Schule im Amtshaus oder im Feuerwehrhaus war). Da standen damals noch keine Häuser, erst unten auf der „Alten Wiese“. Und asphaltiert war das Katersiepen noch lange nicht, noch nicht mal die Abfallhalde war da. Da wo jetzt der Querweg, links nach Hatzig und rechts nach Vorderwülbecke, Feldmann und Düring führt, kreuzte das Wasser des Siepen den Weg. Nicht immer war das lustig, darüber zu springen. Doch ab Esels Ställeken wurde der Nachhauseweg wieder leichter. Der Esel trug das Mädchen sicher ganz geruhsam wieder nach Hause, wenigstens bei schönem Wetter. Aber wie war das bei Regen, bei Kälte, im Winter mit Schnee? Das ist unbekannt, nicht aktenkundig.
Der Friedhof in der Giesmecke
Auch die Verstorbenen gehören zum Zusammenleben. Also zu den in den Glashütten und in der Glasfabrik in der Giesmecke Verstorbenen:
Am 5. Mai 1845 „protestiert die Civil-Gemeinde-Versammlung gegen die Beerdigung der Verstorbenen auf dem hiesigen (Alten) Friedhof, weil die nicht zur hiesigen Pfarrei gehören und – nun der eigentliche Grund – nichts zur Unterhaltung (zum Unterhalt) des Friedhofs beitragen, auch nicht zum Toten-Läuten. Pfarrer Sporkmann soll sich der Beerdigung der Verstorbenen aus der Giesmecke enthalten.“ - Die katholschen Verstorbenen müssten kirchenrechtlich in Calle beerdigt werden. Ein langer Zug zwischen Küppel und Plackweg. Evangelische Christen konnten in Arnsberg zu Grabe gefahren oder getragen werden. Oder: In der Giesmecke, links vom Grundstück und Haus Bräutigam sind in jenen Jahren verstorbene Familienangehörige, Arbeiter aus der Glasfabrik privat bestattet worden. Zu besichtigen ist das kleine Feldstück nicht, aber zu sehen ist die geheimnisvolle, ganz andere Grünfläche. - Weg und Transport mit einspännigem oder zweispännigem Fuhrwerk und regnerisches oder winterliches Wetter waren sehr hinderlich – und teuer. Bei aller Pietät. An der Langel(s)brücke musste Brückengeld bezahlt werden. (A 395) - Aus den Freienohler „Sterbelisten“ seien hier zwei Kinder von Glasarbeitern aus der Giesmecke genannt, die in Freienohl auf dem Alten Friedhof bestattet worden sind: 1835, der totgeborene Sohn des Friedrich Gundlach; 1836, Nina, die Tochter des Friedrich Ständer.
Die Gemeindeversammlung Freienohl und der Amtmann Devivere stellen am 5. Mai 1845 fest, dass die in der Giesmecke Verstorbenen auf dem Freienohler Kirchhof vom Pfarrer Sporkmann beerdigt würden, ohne dass sie zur hiesigen Pfarrei gehören und ohne dass die Bewohner der Giesmecke zum Unterhalt des Totenhofs und der Glocken beitragen, „womit hier nach dem Absterben und bei der Beerdigung für sie geläutet würde”. Man ersucht den Pfarrer Sporkmann, „sich in der Folge des Läutens für die Giesmecker Toten und deren Beerdigung auf dem hiesigen Totenhof zu enthalten”. Für diesen Beschluss bleibt unbekannt, ob das Abnutzen der Glockenseile, für deren Bezahlung die politische Gemeinde zuständig war, zu teuer war, oder ob der „Läutnant“, der Küster und zugleich Lehrer dahinter steckt und Extra-Bezahlung beansprucht. (A 1813, Pfarr-Archiv A 5)
Über den Arbeits-Betrieb der Glasfabrik, der Glashütten informiert: Dr. Manfred Wolf: Freiheit Freienohl, 1272 – 1975, S. 131,132.
Ein seltsames Kapitel entlang der Glashütten:
Zur Eisenbahnhaltestelle in Freienohl
Gemeinde: „Protokollbücher“, 31. Januar 1913
TOP 1: Von dem eingegangenen Antrag auf Errichtung einer Personen-Haltestelle zwischen Freienohl und Oeventrop bei km 208 wurde Kenntnis genommen. Nach reiflicher Beratung kann die Gemeinde-Vertretung den Antrag nur dringend unterstützen. Soweit bekannt ist, soll die Errichtung einer Block-Station zwischen Freienohl und Oeventrop beschlossene Sache sein. Bei dieser Gelegenheit könnte nun leicht ein alter, wohlbegründeter Wunsch der Eingesessenen von Freienohl erfüllt und einem dringenden Bedürfnis abgeholfen werden, wenn mit der Block-Station gleichzeitig eine PERSONEN-Haltestelle verbunden wird. Der Bahnhof Freienohl liegt von der Mitte des Orts 20 Minuten entfernt. Die Entfernung bis zur Block-Station, die bei km 208 angelegt werden müsste, würde circa 10 Minuten betragen. Die Entfernung vom Ort Freienohl bis zum Bahnhof Oeventrop ist der Entfernung des Bahnhofs Freienohl vom Ort Freienohl fast gleich. Aus diesem Grund benutzen viele nach Auswärts fahrende hiesige Arbeiter die Eisenbahn erst vom Bahnhof Oeventrop ab. Durch den Umstand, dass der Blockwärter die Haltestelle wird mit verwalten können, werden die Betriebskosten nicht besonders hoch sein. Es ist als sicher anzunehmen, dass die entstehenden Betriebskosten durch die Erhöhung der Einnahmen vollständig gedeckt werden. Alle diejenigen Arbeiter, die heute täglich von Freienohl zum Bahnhof Oeventrop gehen, benutzen später die Eisenbahn von der neuen Haltestelle ab. Dadurch wird sich die Fahrstrecke für diese Leute um einige Kilometer verlängern und das Fahrgeld infolge dessen entsprechend erhöhen. Aber auch viele andere Personen würden von der verbesserten Fahrgelegenheit Gebrauch machen. Der Geschäftsverkehr zwischen Freienohl und Oeventrop ist ziemlich rege. Verwaltungs-Amt und Apotheke befinden sich in Freienohl. Die Amts-Verwaltung wird viele Passagiere für die Strecke Arnsberg - Oeventrop – Block von Breitenbruch, Rumbeck und Uentrop bringen. Außerdem fällt noch ein weiterer Umstand für die Erweiterung einer Haltestelle sehr ins Gewicht. Die Zellstoff-Fabrik Wildshausen, etwa 15 Minuten von der neuen Haltestelle entfernt, ist heute von auswärtigen Arbeitern und von den Stationen Freienohl und Oeventrop aus zu erreichen. Die große Entfernung von diesen Stationen bis zur Fabrik (5 bzw. 3,5 km) hält viele Arbeiter ab. Die geplante Haltestelle würde zweifellos der genannten Fabrik eine Menge neuer Arbeiter zuführen. Das wäre um so erfreulicher, als die Wildshausener Fabrik alsdann in der Lage wäre, die schon seit langem in Aussicht genommenen Erweiterungsbauten zur Ausführung zu bringen.
Nach alledem hält die Gemeinde-Vertretung die Anlage einer neuen Personen-Haltestelle zwischen Freienohl und Oeventrop bei km 208 für ein hauptsächlich im Interesse der Arbeiter liegendes Bedürfnis und bittet die Königliche Eisenbahn-Direktion, den Antrag in wohlwollender Erwägung zu ziehen.
TOP 2: Im Anschluss an den vorstehenden Beschluss brachte der Gemeinde-Verordnete Kehsler die Bahn-Angelegenheit Warstein - Hirschberg - Giesmecke - Ruhrtal zur Sprache. In dieser Sache sollen weitere Schritte unternommen werden. Für die Vorbereitungen der abzusendenden Gesuche wurde eine Kommission bestehend aus dem Herrn Ehrenamtmann Schulte, Gemeinde-Vorsteher Niesen, den Gemeinde-Verordneten Kehsler, Noeke und Rocholl bestimmt. - Siehe 7. März 1913, TOP 14.
Eisenbahn-Personen-Haltestelle am Roah: 1913
Protokoll der Gemeinde-Versammlung am 31. Januar 1913:
„TOP 1: Von dem eingegangenen Antrag auf Errichtung einer Personen-Haltestelle zwischen Freienohl und Oeventrop bei km 208 wurde Kenntnis genommen. Nach reiflicher Beratung kann die Gemeinde-Vertretung den Antrag nur dringend unterstützen. Soweit bekannt ist, soll die Errichtung einer Block-Station zwischen Freienohl und Oeventrop beschlossene Sache sein. Bei dieser Gelegenheit könnte nun leicht ein alter, wohlbegründeter Wunsch der Eingesessenen von Freienohl erfüllt und einem dringenden Bedürfnis abgeholfen werden, wenn mit der Block-Station gleichzeitig eine PERSONEN-Haltestelle verbunden wird. Der Bahnhof Freienohl liegt von der Mitte des Orts 20 Minuten entfernt. Die Entfernung bis zur Block-Station, die bei km 208 angelegt werden müsste, würde circa 10 Minuten betragen. Die Entfernung vom Ort Freienohl bis zum Bahnhof Oeventrop ist der Entfernung des Bahnhofs Freienohl vom Ort Freienohl fast gleich. Aus diesem Grund benutzen viele nach auswärts fahrende hiesige Arbeiter die Eisenbahn erst vom Bahnhof Oeventrop ab. Durch den Umstand, dass der Blockwärter die Haltestelle wird mit verwalten können, werden die Betriebskosten nicht besonders hoch sein. Es ist als sicher anzunehmen, dass die entstehenden Betriebskosten durch die Erhöhung der Einnahmen vollständig gedeckt werden. Alle diejenigen Arbeiter, die heute täglich von Freienohl zum Bahnhof Oeventrop gehen, benutzen später die Eisenbahn von der neuen Haltestelle ab. Dadurch wird sich die Fahrstrecke für diese Leute um einige Kilometer verlängern und das Fahrgeld infolge dessen entsprechend erhöhen. Aber auch viele andere Personen würden von der verbesserten Fahrgelegenheit Gebrauch machen. Der Geschäftsverkehr zwischen Freienohl und Oeventrop ist ziemlich rege. Verwaltungs-Amt und Apotheke befinden sich in Freienohl. Die Amts-Verwaltung wird viele Passagiere für die Strecke Arnsberg - Oeventrop – Block von Breitenbruch, Rumbeck und Uentrop bringen. Außerdem fällt noch ein weiterer Umstand für die Erweiterung einer Haltestelle sehr ins Gewicht. Die Zellstoff-Fabrik Wildshausen, etwa 15 Minuten von der neuen Haltestelle entfernt, ist heute von auswärtigen Arbeitern und von den Stationen Freienohl und Oeventrop aus zu erreichen. Die große Entfernung von diesen Stationen bis zur Fabrik (5 bzw. 3,5 km) hält viele Arbeiter ab. Die geplante Haltestelle würde zweifellos der genannten Fabrik eine Menge neuer Arbeiter zuführen. Das wäre um so erfreulicher, als die Wildshausener Fabrik alsdann in der Lage wäre, die schon seit langem in Aussicht genommenen Erweiterungsbauten zur Ausführung zu bringen. - Nach alledem hält die Gemeinde-Vertretung die Anlage einer neuen Personen-Haltestelle zwischen Freienohl und Oeventrop bei km 208 für ein hauptsächlich im Interesse der Arbeiter liegendes Bedürfnis und bittet die Königliche Eisenbahn-Direktion, den den Antrag in wohlwollender Erwägung zu ziehen.
TOP 2: Im Anschluss an den vorstehenden Beschluss brachte der Gemeinde-Verordnete Kehsler die Bahn-Angelegenheit Warstein - Hirschberg - Giesmecke - Ruhrtal zur Sprache. In dieser Sache sollen weitere Schritte unternommen werden. Für die Vorbereitungen der abzusendenden Gesuche wurde eine Kommission bestehend aus dem Herrn Ehrenamtmann Schulte, Gemeinde-Vorsteher Niesen, den Gemeinde-Verordneten Kehsler, Noeke und Rocholl bestimmt.“
Protokoll am 7. März 1913:
„TOP 14: Von dem Bescheid der Königlichen Eisenbahn-Direktion zu Elberfeld vom 25. Februar 1913 betreffend Ablehnung der beantragten Haltestelle am Roah wurde Kenntnis genommen.“
Mehr ist nicht aktenkundig. Unterschrieben (ohne Vorname) sind beide Protokolle von dem Gemeinde-Vorsteher Niesen, den Gemeinde-Verordneten: Noeke, Rocholl, Kordel, Schweer, Humpert, C.Kehsler; der Ehrenamtmann Schulte war nicht anwesend. - Siehe Extra-Kapitel: „Mit der Eisenbahn durch die Giesmecke... 1887“
Protokoll der Gemeinde-Versammlung am 21. Mai 1913 TOP 1: Der Antrag Schwefer und Kemper (ohne Vornamen) auf Anlage eines Weges durch den Mühlenberg zum Bahnhof wird vorläufig zurückgestellt. Es soll zunächst die Entscheidung zu Punkt 2 der Tagesordnung abgewartet werden. - TOP 2: Der Antrag Hehmann und Genossen auf Errichtung einer Personen-Haltestelle bei der Blockstation zwischen Freienohl und Oeventrop ist unter Bezugnahme auf die früheren Verhandlungen ...(1 Wort nicht korrekt lesbar) an die Königl. Eisenbahn-Direction zu Elberfeld weiter zu geben. Letztere ist zu ersuchen, der Kostenfrage und der sonstigen Forderungen mit der Gemeinde-Behörde in Verhandlung zu treten.
Ein Döniken als eine Captatio Benevolentiae
In den Fünfziger Jahren des Zwanzigsten Jahrhunderts erzählen Freienohler in dankbarer und achtungsvoller Erinnerung mit Schmunzeln von Lehrer Ludwig (so hieß er in Freienohl, alle kannten selbstverständlich seinen Nachnamen: Schwefer und wussten, dass er auf dem Mühlenberg wohnte): Wenn morgens früh die Eisenbahn am Bahnhof Freienohl schon 1 oder 2 Minuten früher Richtung Arnsberg losfahren wollte, in Neheim-Hüsten war „seine Schule“, dann wartete der Zugführer, bis Lehrer Ludwig da war. Er kam immer, hundertprozentig zuverlässig. Manchmal auch 5 Minuten zu früh.
Heinrich Pasternak