Sedan-Denkmal

Zum Krieger-Denkmal rechts vom Alten Amtshaus

Der Deutsch-Französische Krieg: 19. Juli 1870 – 10. Mai 1872. – Schlacht von Sedan: 1. und 2. September 1870. Mehr Einzelheiten: Wikipedia.

Gedenk mal, denk mal, fühl mal, tu mal…

Die neue Einleitung im August 2024 möchte stärken die Erinnerung unseres Verstandes und die Verinnerlichung unseres Herzens von heutzutage nach damals.  Also geh mal:  Zank und Streit, Ärger und Wut, Mobbing und Mord, Egoismus, Narzissmus, Egomanie, Krieg: informativ mit Medien und Web auch mit Opfer-Zahlen: der mörderische Putin-Russland-Krieg gegen die Ukraine; andere Länder: Kongo, Äthiopien, Niger, Somalia, Mali, Myamar, Burkina Faso, Südsudan, Sudan, besetztes Palästina, Iran, Israel, Syrien, Haiti, Jemen, Sahel Zone, Afghanistan,… grauenhaft erschütternd… Fortsetzung im Haupttext: Sedan-Denkmal. 
Sinnvoll ist wohl der Anfang mit dem Freienohler Pfarrer Julius Falter in seiner Pfarrer-Chronik (in seinem offiziellen Bericht an den Bischof in Paderborn). Seine biographischen Daten verdeutlichen sein geschichtliches und historisches Einfühlungsvermögen: geb. 1o. 1o. 1840 in Delbrück, Priesterweihe 17. 3. 1868 in Paderborn, dann Vikar in Hagen, 1884 als „Hülfsseelsorger“ und Pfarrvverweser in Freienohl, dann Pfarrer in Freienohl 17. 12. 1886 bis und gestorben 9. 3. 1902 an Lungenbrand. Er schreibt:
„Einweihung des Kriegerdenkmals

Am 21. Juli (1887) – also gen au an demselben Tage, an welchem vor 17 Jahren der König seine Residenz verließ und zur Armee nach Frankreich reiste, wurde im Beisein  des Regierungspräsidenten von Rosen, des Landrats Freusberg in Arnsberg und des Bezirks-Commandeurs Major von Heineccius in Meschede das Kriegerdenkmal eingeweiht, bei welcher Gelegenheit der gen. Präsident die Festrede hielt. Es wohnten der Feier noch mehrere Offiziere, 8 fremde und der hiesige Kriegerverein, der Ortspfarrer, im Ganzen gegen 2000 Personen bei.

Der Bau des Denkmals hat viel böses Blut gemacht, da es viel Geld kostet, und dasselbe sonst, beispielsweise für die Kirche zu gebrauchen war; jedoch lässt er sich entschuldigen, da das Geld anderweitig zu Vereinszwecken zusammengebracht war.“
Aus: „Freienohler Küppelblick“ vom 24. August 1989:

Foto des Denkmals  mit folgendem Text:
Nachträglich zum Geburtstag erhielt das Kriegerdenkmal in Freienohl ein neues Gewand: mit einem Dampfstrahlgerät wurde die mürbe Haut entfernt, dann eine Mineralfarbe aufgetragen, die Namenszüge wurden farblich neu aufgelegt, der Adler mit Blattgold neu überzogen. Auch wurde das Eherenmal aus einer „verborgenen“ Position befreit. Das Ehrenmal war für die Opfer des Krieges 1870 / 71 im Einmündungsbereich Alter Weg am 31. Juli 1888 eingeweiht worden, wo es bis zum Umzug zum jetzigen Standort bis 1929 stand.

Aus: „Zeitungsbericht – 9. September 1874“ aus dem offiziellen, regelmäßigen Bericht des Freienohler Bürgermeisters an die Regierung in Arnsberg:
Öffentliche Stimmung: gab sich in keiner besonderen Weise kund. Die Beteiligung an der Feier zum Gedächtnis der Schlacht (Siegesfeier) bei Sedan wurde eine ziemlich vage.“  - Dieser inhaltliche Stil wiederholt sich über einige Jahre zum Punkt „Öffentliche Stimmung“, bis er ganz entfällt.

Zu den Freienohler Gefallenen, den im Kampf, in der Schlacht erscossenen, umgekommenen Kriegern, Soldaten  gehört der Freienohler Jude Josef Rosenthal.

Der folgende Text ist ein Punkt aus dem längeren Text „Vier Gedenkminuten“; Anliegen ist das besondere Gedenken:
Die erste Gedenkminute hat mit dem Platz des Amtshauses zu tun. Anfang 1870 musste Freienohl ein neues Schul-Gebäude bauen: Schulhaus+Amtsbureau (so war damals die Rechtschreibung) in einem. Der geeignetste Platz dafür war der Garten der Familie Leser Rosenthal. Parzelle 809. Familie Rosenthal hat ihr Grundstück der Gemeinde verkauft. Darum gilt die erste Gedenkminute dieser ersten jüdischen Familie in Freienohl.

Näheres und ziemlich wörtlich: Am 3. Februar und am 11. August 1842 erscheint auf dem Amt in Freienohl, damals gelegen mitten in der Einfahrt in die Mittelstraße, in die jetzige St. Nikolaus-Straße, mit noch etwas Platz für ein Fuhrwerk, jetzt zwischen der Volksbank und dem Haus mit dem Friseur-Salon der Friseur-Meisterin Frau Brigitte Bornemann, da also erscheint  der Hebräer und Handelsdiener Leser Rosenthal aus Beringhausen bei Brilon, wo er ein gesetzliches Domizil (Wohnhaus) besitzt. Seine Eltern sind gestorben. Er legt seine Geburtsurkunde vor: 26. September 1811 in Beringhausen. Er habe sich stets unbescholten und rechtlich geführt. Wegen seiner schwächlichen Construction (!) war er vom Militärdienst befreit. Er bittet darum, sich in Freienohl etablieren zu dürfen. Die üblicherweise beim Landrat Freiherrn von Lilien in Arnsberg eingereichten Unterlagen: vom 30. Oktober 1842 bescheinigen: „Die Niederlassung kann nicht verweigert werden, wenn derselbe arbeits- und erwerbsfähig ist.“ - Der Freienohler Gemeinderat ist da anderer Meinung im Protokoll vom 4. November 1842: „Die Gemeinderäte könnten sich nicht damit einverstanden erklären, dass ein Jude sich hier niederlässt. Die Gemeinde habe solche noch niemals hier aufgenommen, und sie seien der Meinung, dass die Juden, welche in der Regel nur handeln wollten und arbeitslos seien, einer Gemeinde nur nachteilig seien.“- Die damaligen Freienohler Gemeinderäte wussten demnach nicht, dass die für Freienohl, für die Existenzfähigkeit der Familien und der Gemeinde, notwendigen, Not wendenden Arbeiten den Juden nicht erlaubt waren. Ihnen war nur gestattet: Handelsmann (unterwegs sein), Kaufmann (im Ort leben) und der Schlachter (letzterer wegen der religiös gedeuteten Schlacht-Bräuche). - Am 27. Dezember 1842 folgt dann doch die Genehmigung. - Die Familie Rosenthal wohnte Alter Weg 13, Alte Haus-Nr. 105. - Die Familie Rosenthal: Leser (Leezer, Lazarus) Rosenthal, Handelsmann, Heirat am 25. Mai 1845 mit  Julie / Julchen geb. Rotschild aus Hovestadt (Hauersstadt), Kreis Soest, geb. 7. Oktober 1819. Ihre Kinder: 1. Joseph Benjamin Rosenthal, geb. 17.02.1846. Als zwanzigjährig – 1866 -  als Soldat gemeldet im Verzeichnis israelitische Gemeindemitglieder zu Freienohl. Er fiel im Krieg gegen Frankreich am 06.08.1870 in Wörth (siehe 4. Gedenkminute).- 2. Sophia Rosenthal, geb. 06.05.1847. 3. Lisette Rosenthal, geb. –.--.1849. - 4. Benjamin Rosenthal, geb. 15.02.1850. - 5. Albert Rosenthal, geb. 27.11.1851. - 6. Hermann Rosenthal, geb. 10.07.1853. 7. Hedwig Rosenthal,  21.06.1854. - 8. Helene Rosenthal, geb.  11.06.1855. - 9. Julius Rosenthal, geb. 31.08.1856. - 10. Jettchen Rosenthal, geb. 07.11.1958; sie heiratete am 20.08.1877 den Juden Alexander Emmerich. - Auffällig sind die nichtjüdischen Vornamen ab Sohn Albert. - 1846 ist Magd im Haus: Florentine Weber, katholisch, 16 Jahre alt. - Ab 1901 wohnt hier (Alter Weg 13) Bahnwärter Joseph Rocholl; Witwe Antonette geb. Feldmann. - Seit 1855 wohnt Familie Leser Rosenthal als Eigentümerin im Haus Alte Haus-Nr. 68 (dann Emmerich, jetzt Hömberg).

Die Akten-Nummern zu dieser jüdischen Familie im Stadtarchiv Meschede im Amtshaus Freienohl: A 1127, A 2224, A 1070, A 1169, A 2170 zum Selberlesen.

Die erste Gedenkminute gilt also der jüdischen Familie. Denn das Freienohler Amtshaus steht  auf einem ursprünglich jüdischen Garten, auf dem Garten der Familie Leser Rosenthal.  Parzelle 809. Das zeigt ein selbstverständliches Zusammenleben. Ein Garten diente damals vor allem dem Anbau von Kartoffeln. Gemüse, Kohl usw. für die alltäglichen Lebensbedürfnisse einer großen Familie.
Und noch etwas gehört zu diesem Garten:

Sophia Rosenthal, geb. 06.05.1847 Freienohl. Trauungsregister Freienohl: 20.7.1869: Sophia Rosenthal, konvertierte Jüdin, Heirat: Johann Schilling, Anstreicher-Meister, aus Eslohe; Trauzeugen: Joseph Gördes, Carolina Koßmann. Geburtsregister Freienohl: Lea Schilling, geb. 11.4.1872, Eltern Johann Schilling und Ehefrau Sophia geb.  Rosenthal; Taufe: 14.4.1872, Taufpaten: Otto Schilling, Lehrer zu Breitenbruch, Franz Weber, Theresia Lenze, Christina Toenne. Ihre Kinder: Sophia, geb. 6.5.1869 in Freienohl, Taufe 12.6.1869,  Paten: Antonette Bause, Lehrerin, Gertrud Bunse, Anton Geihsler, Wilhelm Lutter, Lehrer+Küster;   Lea, geb. 11.4.1872, Taufe: 14.4.1872, Taufpaten: Otto Schilling, Lehrer zu Breitenbruch, Franz Weber, Theresia Lenze, Christina Toenne.
Familie Johann Schilling und ihre Töchter Sophia und Lea wohnen ab 1879 zur Miete im neuen Schulhaus, unten links; im oberen Stock sind 2 Schulklassen. Mutter Sophia wird als kleines, junges Mädchen den Garten ihrer Eltern Leser Rosenthal oft „mitbearbeitet“ haben und ihren Töchtern Sophia und Lea davon erzählt haben.

Summa summarum: Sedan-Denkmal: Denk mal und mahn mal und lebe friedfertig!
 
Heinrich Pasternak, Dezember 2018, August 2024