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Lesestoff: wegen Corona exquisit zum 25 Mai 2021
Mehr als Brauchtum: unsere Urbanus-Prozession:
exquisites, typisch Freienohler Zusammenleben!
Noch exquisiter: Typisches Christsein UND Freienohler Zusammenleben!
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März 2017, ein 40-jähriger Freienohler nach dem Lesen dieses Textes: „Wenn der Bergmecke-Kreuzweg öffentlich verboten wird, dann gehe ich ihn! - mit!“ Siehe unten 1933.
Was ist, was soll Brauchtum?
Geschichtliches zur Urbanus-Prozession: Welcher Urban ist gemeint? 4 Möglichkeiten.
Warum der Weg über die Bergmecke?
„Hagel – Blitz und Donnerschlag“ : 1893 : Großbrand.
Prozessionsweg : Stationen : Stückelhahn / Storms Kreuz / 1987 Bergmecke Kreuzweg / Neckers Kreuz / Mesters Kreuz …
Verbot der Urbanus-Prozession : Nationalsozialistisches Regime 1933 – 1945.
Kurzformel für Christus-Bekenntnis: Gott anbeten und den Nächsten lieben.
Eine notwendige, fast schon Not wendende Einleitung
Die Urbanus-Prozession zählt wirklich zum Freienohler Brauchtum? Brauchtum ist etwas, das man braucht, nötig hat, Not wendend ist. Und: Brauchtum ist etwas, was einem, was allen nützt, was einen Vorteil hat. Den Nutzen braucht man immer wieder. Das steckt in dem Zusatz „-tum“, Affix genannt. Das Wort Prozession heißt übersetzt (Lateinisch: procedere): vorangehen, Fortschritte machen, gelingen, nicht allein sondern gemeinsam gehen. Und zwar mit Urbanus gegen „Hagel, Blitz und Donnerschlag“. Warum Urbanus? Das wird gleich erklärt.
Freilich: Manche, mehrere haben keine Sorgen mehr mit „Hagel – Blitz und Donnerschlag“. Sie, 40-, 30-, 20-Jährige „brauchen“ dieses Brauchtum nicht mehr. Ihnen ist die Prozession nicht mehr notwendig. Es sei denn, eine bestimmte Vereins-Zugehörigkeit verpflichtet sie zum Mitgehen.
Manche meckern: Das ist Dekultivierung! Abschaffung dieser Kultur, dieser Pflege alten Brauchtums!
Wieder andere gehen „einfach“ mit. Oft spüren, fühlen, wissen sie nach etwa 500 Metern etwas Eigenartiges: „Ich bin raus aus der spirituellen oder mystischen oder mystagogischen Komfortzone!“ Darum geht’s!
Brauchtum braucht mehr tun. Brauchtum ist Mehr-Tun. Man tut mehr als nur ein Mitläufer. Prozession-Tun Ist mehr als Wiederholung. Mehr als die Vergangenheit wieder holen. Historie war damals. Geschichte ist jetzt, ist offen für Zukunft, ist eine neue Qualität.
Beim Zusammensein mit Jesus Christus, beim Zusammen-Gehen, Begleiten der Heiligen Eucharistie wird ein ganz neuer „Hagel – Blitz und Donnerschlag“ wahr-genommen! Besser: ein ganz neues, blitzartiges Aha-Erlebnis mit Jesus von Nazareth mit der Heiligen Eucharistie, beim „Letzten Abendmahl“. Da haben sich auch seine Apostel erinnert, - gebündelt wie ein Blitz -, an ihren gesellschaftlich-politischen Jesus. Konkret: 1. Sein Umgang mit der Macht war Macht los; ganz das Gegenteil vom Macht-Missbrauch wie bei den Politikern König Herodes und Pontius Pilatus, wie bei den Religions-Führern, den Pharisäern, wie heutzutage beim Narzisstischen Machtmissbrauch. 2. Die Frauen um sich herum hat Jesus in ihrer Position aufgewertet, jeden Einzelnen in seiner Individualität wahr-genommen. Ganz anders als andere Religionen der Jetztzeit. 3. Jesus hat Geld ganz anders gewichtet als ….(?) und den damit geheimnistuerisch verstrickten blinden Gehorsam. - Gemeinschaft, Zusammenleben wird ganz neu gesehen, geglaubt. Unfassbar und zugleich strahlend hell erleuchtet wird die Heilige Dreieinigkeit beim feierlichen Schluss-Lied, dem „Te Deum – Großer Gott, wir loben Dich!“
Nun zur Geschichte unserer Urbanus-Prozession
Der alte Urbanus-Gebets-Spruch hört sich zwar nur wie ein Selbstschutz an: „Auch bete am Urbanus-Tag, - der hütet dich vor Blitz und Schlag!“ Doch wie bei der weltweiten Aktion „Greenpeace“: der Hintergrund ist gründlicher. Bei der Prozession sieht man zwar in einer anderen Reihe den Nachbarn von drei Häusern weiter und man ist sich fast „spinnefeind“. Aber bei der Prozession geht es um mehr als um den friedlichen Weg miteinander. Es geht um den gemeinsamen Weg der Anbetung Gottes. Genau dazu schlägt eines Tages in Freienohl ein ganz anderer Hagel, Blitz und Donnerschlag ein: Das Nationalsozialistische Regime verbietet dieses Jesus Christus-Bekenntnis, dieses Glaubens-Bekenntnis – indirekt. Direkt wurde vom NS-Regime 1934 nur unsere Urbanus-Prozession verboten.
Vorher etwas ausführlicher. Freilich: Satz für Satz kann im folgenden Text nicht die dem Satz zugehörige Quelle angegeben werden. Quellen werden am Schluss zusammenfassend genannt. - Und oft wiederholen sich hier Daten, Namen und Begebenheiten, Ereignisse. Sie wollen zusammen zeigen das ganz normale Leben in Freienohl, glaubwürdig „von unten“, nicht souverän, alles wissend „von oben“.
Welcher Urban ist gemeint?
Vor fast 500 Jahren, am 25. Mai 1537, feierten unsere Vorfahren die wohl erste Urbanus-Prozession. Eine Päpstliche Bulle, ein offizielles Papst-Schreiben, hatte diese religiöse Praxis 1251 überall feierlich „frei gegeben“.
Nur welcher Urban ist gemeint? Denn es gibt mehrere Hochangesehene dieses Namens. Unter ihnen zwei Heilige. Und für so eine traditionsreiche Prozession dürfte ein anerkannter Heiliger schon der rechte Patron sein.
Der erste Hl. Urban war Bischof von Langres in Frankreich, gestorben 576; sein ihm zugeschriebenes Patronat gegen Hagel, Blitz und Donnerschlag und für gutes Wetter und eine gute Weinernte wurde allerdings im 11. Jahrhundert ziemlich bestritten. Vielleicht war er doch nicht so einflussreich. Sein Gedenktag ist der 2. April.
Der zweite Hl. Urban wurde unser Patron, Papst Urban I., sein Pontifikat 221 – 230. Vor allem: sein Fest am 25. Mai. War sein Festtag an einem Werktag, dann hielt man verabredungsgemäß seine Prozession am Dreifaltigkeitsfest, am Sonntag nach Pfingsten. Dieser Papst Urban I. wurde der Patron der Winzer. Abgebildet wird er mit Traube oder / und Weinstock. An seinem Festtag endet auch die Weingarten-Bestellung. Er gilt vor allem als der Beschützer vor Unwetter. Denn Unwetter waren für die Freienohler Ackermänner (das gewichtigere Wort „Bauern“ passt nicht ganz so zu den Freienohlern) und ihre Familien eine ganz schreckliche Katastrophe. Und vom Plastenberg mit seinem Pläster-Regen kam meist das Unwetter oder – noch öfter - hielt vor ihm an, Das Noeke-Kreuz, ursprünglich das Sasse-Kreuz hat auch damit zu tun (siehe freienohler.de).
Noch ein dritter Urban kann etwas mit unserer Gemeinde, mit unserer Urbanus-Prozession zu tun haben: 1537 hatten fromme Freienohler ihrem Pastor die wohl erste Monstranz geschenkt; das war noch zur Zeit unserer ganz alten Kirche. Dieses Geschenk kann in Verbindung stehen mit Papst Urban IV. (Pontifikat 1261 – 1264). Der hatte nämlich noch 2 Monate vor seinem Tod das Fronleichnamsfest für die ganze Kirche eingeführt. Seit 1277 gibt es im kurfürstlichen Erzbistum Köln, wozu Freienohl damals gehörte, die Prozession zum Fronleichnamsfest. Und mit der neuen Monstranz waren die Urbanus-Prozession und die Fronleichnams-Prozession sicher auch eine stolze Feier – auch heute noch, wenn wir die Urbanusstraße hinuntergehen zur Pöttgen-Station und die Fahnen und Glocken unseres Kirchturms Singen und Beten verstärken.
Und es könnte noch einen vierten Urban geben: Papst Urban II. (Pontifikat 1088 – 1099) Der hatte 1087 für den 9. Mai (also in der Nähe zum 25. Mai) das Fest „Translatio Sti. Nicolai“ eingeführt: die Übertragung der Gebeine des Hl. Nikolaus. Dies war ein kirchengeschichtlich und liturgisch wichtiges Ereignis: der Metropolit Ephraim von Russland befand sich da noch in der Gemeinschaft mit der Römischen Kirche und hatte diesen Gedenktag sogar zu einem öffentlichen Feiertag für die gesamten russische Kirche eingeführt. Ein öffentliches Gebets-Gedenken an dieses Fest zu Ehren des Hl. Nikolaus könnte etwas Ökumenisches in die Wege leiten mit den zahlreichen Orthodoxen Christen bei uns in Freienohl. Darum passen auch die beiden Ikonen von Manfred Mansfeld so genau und gut in unseren Altarraum.
Inzwischen spricht nichts dagegen, die Anliegen des Urban-Bischofs und aller Urban-Päpste ausdrücklich mit ins Prozessions-Gebet werden hinein zu nehmen.
In Freienohl führt der Weg der Urbanus-Prozession schon immer über die Bergmecke. Für diese Wegstrecke gibt es zwei Deutungen.
Zunächst: Hinter der Bergmecke liegt die Flur Winterseite. Und Freienohler, die kein Latein brauchten, haben wohl mal „Winter“ und „Winzer“ mit ihrer Aussprache vertauscht, verwechselt. Also: Deutsch : Latein: Wein = vinum, Weinstöcke = vites, Weinlese = vindermia. Und jetzt noch etwas Fantasie: die Pfarrer brauchten ja Messwein...
Dann: Freienohler erleben Jahr für Jahr die Wirklichkeit: hinter der Bergmecke auf der Winterseite lag der erste Schnee schon im November, der bleibt liegen bis in den Frühling hinein. Also selbstverständlich: Winterseite.
Manche Urbanus-Prozession verlief leicht und verlockend: „An Urbanus Sonnenschein / bringt uns guten Wein!“ Hinterher in der Domschänke...auch Bier.
Nicht immer: Auch Hagel, Blitz und Donnerschlag hat manches Haus und Vieh mit allem Drum und Dran zerstört. Und manche Regenwetter-Wolke hat sich im Ruhrtal mit viel Wasser von oben festgesetzt und wollte das Ohl nicht frei machen.
„Auch bete am Urbanus-Tag, der hütet dich vor Blitz und Schlag!“ Nicht immer.
Ganz schlimm war Hagel Blitz und Donnerschlag 1893. Pfarrer Julius Falter schildert in seiner Pfarrer-Chronik alles sehr ausführlich, mit Namen und Häusern:
„Am Dienstag der Karwoche, am 28. März, wurde unser Ort von einem großen Schadenfeuer heimgesucht, welchem 11 Häuser mit 15 Familien und im Ganzen 75 Köpfen zum Opfer fielen. Das Feuer nahm gegen 4 Uhr nachmittags in Peetz’ Hause bei der Kirche seinen Anfang und griff bei lebhaftem Nordwinde derartig um sich, dass um 8 Uhr abends die eben genannten Häuser incl. zweier Scheunen total niedergebrannt waren. Von dem Peetz’schen Hause ging das Feuer auf das benachbarte Besitztum des Tagelöhners Schwefer gen. Görs über, von da auf das des Maurers Schwarzfärber, des Tagelöhners Heckmann und des Wagener Hermes; von hier auf das des Fabrikarbeiters Kinkel, Ackerers Lenze und Hömberg und des Fabrikarbeiters Klauke, desgl. Wiesemann, bis endlich es mit der Einäscherung des Hauses des Tagelöhners Neise Halt machte.
Das rapide Umsichgreifen des Feuers ist sowohl dem Umstande, dass die Häuser mit Stroh gedeckt waren, als auch der seit Mitte Januar her anhaltenden Dürre und der Fatalität zuzuschreiben, dass bei dem Wagener Hermes für etwa 200 Taler Schinken und Speck zum Räuchern untergebracht waren, welche sich entzündeten , unter Gezisch brennend durch die Luft flogen und mit den brennenden Strohflatschen sich in die Strohdächer einbohrten. Wieweit diese brennenden Körper flogen, ist daraus ersichtlich, dass durch sie nicht nur das trockene Laub in Brand gesteckt wurde, sondern dass auch Teile derselben auf der nach Olpe führenden Chaussee gefunden sind.
Die Männer des Orts waren fast sämtlich in den Fabriken und Wäldern abwesend und trafen einzelne erst wieder ein, als ihre ganze Habe vom Feuer zerstört war. Die Anwesenden waren mit dem Retten der Haushaltungs-Gegenstände und dem Löschen beschäftigt; auch wurden Vorkehrungen gegen das weitere Verbreiten des Feuers dadurch getroffen, dass sich je 2 bis 3 Männer auf die Dachfirsten der übrigen mit Stroh gedeckten Häuser setzten, um die herbei fliegenden Feuerkörperchen im Keim zu ersticken. Unmöglich hätte aber der verheerenden Gewalt des Feuers hierdurch Einhalt geschehen können, wenn nicht gegen 6 Uhr die Wehren von Meschede und Arnsberg nebst den Herren Landrat Freusberg und Bürgermeister Löcke von dort erschienen wären und kräftig mit eingegriffen hätten, da die hiesigen Mannschaften in der Bekämpfung einer solchen elementaren Macht zu wenig routiniert und in der Bedienung der Feuerspritzen nicht genug geschult waren. Eine eigentliche Wehr bestand z. Zt. des Brandes hier noch nicht. – (Anm. siehe: Festschrift: 75 Jahre Freiwillige Feuerwehr Freienohl, 20.08.1893.) - Da die Leute nichts als das nackte Leben und das Vieh gerettet haben und sowieso nicht wohlhabend waren, da außerdem die Häuser wegen der schlechten Beschaffenheit nur geringwertig versichert waren, so musste eine allgemeine Unterstützung derselben von außen her eintreten, was auch in durchaus nobler Weise geschehen ist. Nachdem der Ort die notwendigsten Kleidungsstücke nebst Nahrungsmitteln und 200 Mark bares Geld beschafft hatte, traten die Bauern und Landwirte der Pfarrei Calle und Hellefeld für die Neubestellung der Äcker und das Vieh ein, während der Kreis-Ausschuss eine einmalige Unterstützung von 800 Mark gewährte. Auch sonst kamen noch verschiedene wertvolle Gaben ein:
vom Hochwürdigsten Herrn Bischof Simar in Paderborn 50.00 Mark
vom Hochwürdigsten Herrn Weihbischof Gockel in Paderborn 20,00 Mark
vom Herrn Justizrat Schneider in Arnsberg 20,00 Mark
vom Herrn Major Kerlen in Arnsberg 30.00 Mark
vom Herrn Amtsgerichtsrat Zurhorst in Arnsberg 10,00 Mark
vom Herrn Dr. med. Höynck in Arnsberg 10,00 Mark
vom Herrn Pfarrer Schwinkardi in Hagen Kreis Arnsberg 10,00 Mark
vom Herrn Pfarrer Berens in Rumbeck 75,00 Mark
von Westfälische Volkszeitung in Stockum 21,00 Mark
von Gebr. Kerstholt in Holland 25,00 Mark
vom Herrn Landrat Freusberg in Arnsberg incl. 160,00 Mark
von Kriegerverein in Hüsten 100,00 Mark
von Gesellschaft Concordia in Arnsberg 300,00 Mark
von der Geheimen Stadtkasse in Arnsberg 146,00 Mark
von Amtmann Funke in Hohenlimburg 200,00 Mark
von Firma Kosack und Schenk in Arnsberg 100,00 Mark
aus dem Ort Freienohl incl. Geschenk des Pfarrers 220,00 Mark
und Pfarrer Nagel in Nord-Amerika (geb. in Grevenstein) 100.00 Mark
Summe: 2000,00 Mark
Hiervon haben erhalten: Mark:
Ackerer Heinrich Peetz : 150 / Tagelöhner Schwefer : 180 / Tagelöhner Heckmann : 150 / Wagener Hermes : 240 / Tagelöhner Klauke : 180 / Ackerer Johann Lenze : 150 / dessen Sohn : 100 / Tagelöhner Neise : 240 / Tagelöhner Wiesemann : 180 / Ackerer Hömberg : 180 / Maurer Schwarzfärber : 150 / Schuhmacher Becker : 50 / Tagelöhner Kinkel : 180 / per. Vorsteher Kückenhoff : 300.“
Der Prozessionsweg
Damit das Lesen zum Klingen kommt ein Zitat von Pfarrer Julius Falter aus seiner „Pfarrer-Chronik“ im Jahr 1898: „Bei der diesjährigen Urbanus-Prozession hat zum ersten Mal der vor einem Jahr gegründete kirchliche Posaunenchor, welcher aus 18 Personen besteht, mitgewirkt und sofort sehr glücklich debütiert. Derselbe ist auf Veranlassung des Pfarrers Falter durch den sehr rührigen Communal-Förster Ganczarsky ins Leben gerufen und hat keine Mühe und Ausgabe gescheut, weshalb das schöne Resultat erzielt wurde. Zur Erstattung für die Anschaffung der Instrumente anfänglich ausgegebenen 425 Mark soll bis auf Widerruf bei den Prozessionen und bei den einige Male im Vereinshaus zu gebenden Konzerten für die Mitglieder gesammelt werden.“
Los ging es am Sonntag nach der Hl. Messe. Auf der St. Nikolaus-Straße hinauf zu „Storms Kreuz“ am Stückelhahn. An der Spitze 3 Ministranten mit dem „Vortrage-Kreuz“, dann die Erstkommunion-Kinder, dann die Ministranten, selbstverständlich mit Weihrauch, direkt vor dem „Himmel“, getragen von – abwechselnd – 4 Mitgliedern vom Kirchen-Vorstand, unter dem „Himmel“ der Pastor mit dem Allerheiligsten in der leichten Monstranz, nun die einzelnen Vereine, Gruppen mit ihren Fahnen, Bannern und der Musik, Tambourchor, Musikverein, am Schluss kommen die nicht so zügig gehenden Älteren. Sonnen geschützt geht es durch den Bergmecke-Kreuzweg bis zu „Neckers Kreuz“. Dann vorsichtig hinab zum Tannenweg, durch die Urbanus-Straße, ein kleines Stück Alter Weg zur Hauptstraße und wieder in die Kirche zum Schluss-Segen mit dem „Te Deum - Großer Gott, wir loben Dich!“
Ein Wege geschichtliches Einschiebsel: das jetzige kleine Gebiet Bergemer – Urbanus-Straße – Grafenstraße – Am Rotbusch hieß 1883 „Auf dem Kump“; 1934 der Anfang der Urbanusstraße einfach „Kump“. Aufgrund der Lage und Fürhrung des Tunnels der Eisenbahn-Linie (Arnsberg – Meschede usw.) seit 1870 ist die wirkliche, ortsgeschichtliche Bedeutung des Namens Kump verloren gegangen: Tümpel, Teich. Das sumpfige Wasser kam nicht mehr nach oben, es war abgesackt, etwa bei Kaiser und Pöttgen.
Über die Urbanus-Prozession liegt ein Bericht vor, der Freienohler Zusammenleben sehr gut deutlich macht, wohl nach 1955 entstanden, leider ohne Verfasser, sicher aus der genannten Familie Pöttgen. Dieser Text ist hier abgeschrieben :
„Die Urbanus-Prozession besteht seit 1813 (siehe unten: Neckers Kreuz). Sie geht alljährlich am ersten Sonntag nach Urban am 25. Mai über die Bergstraße (!), Stückelhanh, Bergmecke, Kump, durch den Alten Weg und zurück zur Kirche. Im Jahre 1924 hat Fräulein Pauline Toenne wegen ihrem vorgerückten Alter die 4. Station abgegeben (heute Gasthof zur Post). Daraufhin hat Ferdinand Pöttgen, geb. am 27.121857 und seine Ehefrau Theresia Pöttgen, geb. Feldmann, geb. 12.7.1875, die 4. Station übernommen. In den ersten beiden Jahren 1924 und 1925 ist sie wegen Regen ausgefallen. Im Jahr 1926 zog die Prozession bei schönem Wetter aus. Mit neuem Eifer war nun zum ersten Male die Station bei uns festlich aufgebaut. Aber durch einen plötzlichen Gewitterschauer musste die Prozession an der 4. Station vorbei ziehen. Da im Haus kein Teppich vorhanden war, wurde er durch einen Blumenteppich ersetzt. Um dem Altar ein würdiges Aussehen zu geben, wurde im Jahr 1928 eine neue handgestickte Altardecke, 4 handgestickte Fahnen und eine Herz-Jesu-Statue angeschafft. Die Altardecke und Fahnen wurden von Helene Pöttgen, Hedwig Kohsmann, Theresia und Anastasia Pöttgen gestickt. Die Herz-Jesu-Statue wurde von den Söhnen gestiftet. Die gesamte Ausstattung wurde unserem Vater, der größtes Interesse für die Sache zeigt, zum Namenstag am 30. Mai geschenkt. Da am selben Tage die Prozession bei schönem Wetter gehalten wurde, kamen die Sachen sofort zur Geltung. Leider konnte er sich nicht mehr daran erfreuen. Am 2.2.1932 starb er im Alter von 75 Jahren. So zog nun Jahr für Jahr die Prozession aus, bis die Prozession unter der Herrschaft der Nationalsozialisten immer eingeschränkt wurde. Im Jahr 1934 wurde sie ganz verboten. (Ausführlicher siehe unten.) Nach dem schrecklichen Bombenkrieg 1939 – 1945 konnte die Prozession nach alter Tradition wieder frei ausziehen. Nach Jahren der Unterdrückung kam die Freude der Bevölkerung besonders zum Ausdruck durch überwältigendes Schmücken der Straßen und Häuser. Im Jahre 1946, am 26. Mai, konnte die Prozession wegen Kanalisationsarbeiten auf dem Kump ihren gewohnten Gang nicht gehen. Sie zog von der Bergmecke über den Grasweg – Schlar – Düringstraße zur Kirche. Aus diesem Grunde wurde auch die 4. Station vor dem Haus Anton Fabri aufgebaut. Die Familie Fabri hat uns durch ihre Bereitwilligkeit stark unterstützt. Bei dieser Prozession läuteten auch wieder zwei Glocken. Die erste läutete Weißen Sonntag, den 28.4. Sie wiegt 30 Zentner, die älteste zum ersten Mal am Goldenen Priesterjubiläum von Pfarrer Gerwinn, die zweite am darauf folgenden Sonntag, 5.5., 13 Zentner. Die dritte läutete am 15.6., im Gewicht 18 Zentner, von Alfons Pöttgen mit 2 Helfern aufgehangen. Am 25.5.1953 fiel die Herz-Jesu-Statue kurz nach dem Segen durch einen plötzlichen Windstoß vom Altar. Sie war nicht mehr zu gebrauchen.Zum 29.5.1955 wurde eine neue Statue von Ferdinand Heckmann, Wiedenbrück (Freienohler) gearbeitet.“
Stationen unserer Urbanus-Prozession
Übernommen, abgeschrieben werden mit großer Dankbarkeit die folgenden Texte aus dem Heft: „Haus- und Wegekreuze“; entstanden mit der Firm-Gruppe 1991 mit ihren Firm-Katechetinnen Antonie Kriner und Doris Weinand und Pfarrer Werner Gerold, abgefasst vom Lehrer Ludwig Schwefer. Konzentriert auf unsere Urbanus-Prozession mag manches Historische überflüssig sein; doch es gilt, auch die größeren Zusammenhänge, Erinnerungen zu bewahren.
Der folgende Text von Storms Kreuz am Stückelhahn ist von Erwin Altenwerth:
„Wer schon einmal die Fronleichnams- bzw. Urbanus-Prozession mitgegangen ist,dem ist „Storms Kreuz“ bestens bekannt, wird dort doch jeweils eine Station errichtet. Doch dieses Kreuz steht nicht seit jeher am jetzigen Platz, und so ist damit auch eine kleine Geschichte verbunden.
Über den Ursprung und Entstehung des Kreuzes ist nachweislich nichts mehr bekannt, es existiert jedoch schon über 100 Jahre und ist auch seitdem auch im Familienbesitz von Storms. Zunächst stand es in einer Mauer-Ausbuchtung vor ihrem Garten am Ende der Bergstraße, genau bis in das Jahr 1962. Doch als dann auf dem Platz des Gartens ein Haus gebaut wurde, - das jetzige Haus Bergstraße Nr. 36 -, musste das Kreuz weichen. Es fehlte danach auch vier Jahre lang bei der Prozessions-Station. Während dieser Zeit wurde die Station in der Einfahrt des Hauses errichtet und abgehalten, und das Kreuz wurde auch zunächst nicht wieder aufgestellt, weil keine geeignete Stelle gefunden werden konnte, bis zum Jahre 1966. Da wurde mit der (politischen) Gemeinde Freienohl Einigung erzielt, das Kreuz an seinem jetzigen Platz an der Wege-Gabelung Rietbüsche / Stückelhahn aufzustellen.
Das ursprüngliche Kreuz konnte jedoch seine Aufgabe nicht mehr erfüllen. Das Holz für die Balken konnte beim damals noch bestehenden Sägewerk Schröer erworben werden. Und zwar von Storms Franz. Ein neuer Corpus wurde ebenfalls beschaffen. Seit dieser Zeit ist nun die Prozessions-Station wieder an Storms Kreuz eingerichtet, aber eben am Stückelhahn. Erwähnenswert ist darüber hinaus, dass die Station am Kreuz – auch in den Jahren der „kreuzlosen“ Zeit – immer von der Familie Storm hergerichtet und geschmückt wird. Das Kreuz selbst wird ebenfalls – wie schon immer – von der Familie Storm gepflegt.
Im Jahre 1986 wurde dann der Platz um das Kreuz herum von einer ins Leben gerufenen „Initiative Bergstraßen-Gemeinschaft“ neu gestaltet und bepflanzt.“
Der folgende Text: „Unser neuer Kreuzweg vom Stückelhahn zum Bergmecke-Kreuz“ ist aus der „Pfarrer-Chronik“, also von Pfarrer Werner Gerold.
„Im November 1987 wurden erste konkrete Überlegungen angestellt, entlang des Prozessionsweges zum Bergmecke-Kreuz einen Kreuzweg zu errichten. Folgendes war Ausgangspunkt: Als im April 1987 unsere Firm-Katecheten Alois Becker und Paul Brenner mit ihren Firm-Gruppen eine Wallfahrt zur Halloh-Kapelle machten, kam ihnen der Gedanke: „Warum haben wir eigentlich bei uns in Freienohl nicht einen solchen Kreuzweg in freier Natur, der zum stillen Gebet einlädt?“ - Wer von einer Idee begeistert ist, weiß auch andere dafür zu gewinnen und so fanden sich beim „Tanz in den Mai '87“ in der Schützenbruderschaft spontan zehn gestandene Freienohler bereit, zur Realisierung dieser Idee ihre Talente einzusetzen, die meisten waren vom MGV-Liedertafel.
Eine Muster-Kreuzweg-Station aus Eichenholz mit einem Bronze-Relief wird entworfen und in der Kirche zu Ostern 1988 aufgestellt. Die Gemeinde soll dadurch ermuntert werden, bei der Finanzierung mitzuhelfen. Die Kosten werden auf DM 10.000,-- geschätzt. Die erfreuliche Initiative „von unten“ wurde von der Gemeinde sehr geschätzt, was sich dadurch zeigte, dass eine Reihe Familien und auch die St. Nikolaus-Schützenbruderschaft die Finanzierung jeweils einer Kreuzweg-Station übernahmen. Nur 2 Kreuzweg-Stationen werden durch Sonder-Kollekten finanziert.
Am 4. Mai 1989, am Fest Christi-Himmelfahrt konnte Franziskaner-Pater Heribert Griesenbrock aus Dorsten die Einsegnung des Kreuzweges vornehmen.
Es sei noch gesagt, dass man in eines der Fundamente ein Dokument, welches spontan geschrieben wurde, hineingelegt hat.“ - Der Text dieses Dokuments ist leider nicht aktenkundig, auch nicht im Pfarr-Archiv.
Das Kreuz in der Bergmecke: „Neckers Kreuz“
Der folgende Text ist von Ludwig Schwefer: „Bei der Verfolgung der Franzosen, die 1813 nach der „Völkerschlacht“ bei Leipzig dem Rhein zustrebten,zog eine lange Russen-Kolonne durch unser Ruhrtal. Nicht nur als Befreier schienen diese Soldaten aufgetreten zu sein. In Freienohl jedenfalls drang ein (russischer) Soldat gewaltsam in das Haus der Familie Siepe (Necker) – damals Mittelstraße (St. Nikolaus-Straße) der Kerstholtsgasse gegenüber – ein und bedrohte die Frau des Hauses. Nur ein zu Hilfe herbeigerufener russischer Offizier konnte den Eindringling vertreiben. Eine abgebrochene Degenspitze im oberen Tür-Balken blieb als Erinnerung an dieses schreckliche Ereignis. Zum Dank für die Rettung aus dieser Gefahr stiftete Herr Georg Siepe ein Wegekreuz, das dem jetzigen Hause Kampmann gegenüber aufgestellt wurde. Es diente als Stations-Kreuz bei der Urbanus-Prozession und wurde all die Jahre von der Familie Siepe betreut. - 1848 versetzte man es in die Bergmecke. Neben dem Kreuz befand sich später auch eine eiserne Kanzel, von der aus während der Prozession gepredigt wurde. Diese „Wald-Kanzel“ existiert schon einige Jahre nicht mehr. Sie wurde im Arbeits-Einsatz und von Spenden der „Straßen-Gemeinschaft Bergmecke – Tannenweg – obere Urbanus-Straße“ durch einen schweren Grauwacken-Block aus einem Hellefelder Steinbruch ersetzt. Er ruht als Altarstein auf einem fachmännisch aus Kopfsteinen gepflasterten Plateau. Das Holzkreuz mit dem Corpus, mehrfach schon erneuert (1931 und 1976), wurde kunstgerecht aufgearbeitet und restauriert. - Anerkennung und Dank allen, die mithalfen.“
Zwischenbemerkung: Völkerschlacht bei Leipzig: 16. - 19. Oktober 1813. Verbündete Truppen aus Russland, Preußen, Österreich und Schweden kämpften gegen Frankreich unter Napoleon Bonaparte. Insgesamt 600 000 Soldaten. 92 000 wurden getötet, verwundet. - Beim Rückzug der Franzosen-Kolonnen sagte man im Ruhrtal: „Der Franzose als Feind ist nicht so schlimm wie der Russe als Freund.“ Die Sprüche-Klopper wussten wohl nichts vom russischen Offizier oder wollten von ihm nichts gewusst haben.
Aus der Westfalenpost vom Donnerstag/Freitag, 17./18. Juni 1976 ist hier zu Neckers Kreuz dies - gekürzt – abgeschrieben: „ Prozessionskreuz geht aufs Jahr 1813 zurück. - Flasche mit Urkunde in Sockel eingemauert. … Die Aufstellung dieses Kreuzes kam durch ein Gelöbnis von Georg Siepe 1813 zustande. … Zum Dank (der Rettung seiner Frau)...1931 erneuerte sein Enkel Wilhelm Siepe das Kreuz. Jetzt, 44 Jahre später, musste es wieder erneuert werden. Der Grund dafür wurde bald gefunden: In das Holz am unteren Teil des Kreuzes war eine Flasche eingelassen worden. Die dünne Holzschicht faulte somit schneller ab. In der Flasche befand sich eine Urkunde des Landwirts Wilhelm Siepe, in der die Geschichte des Kreuzes niedergeschrieben war. Der damalige Pfarrer Ferdinand Gerwinn hatte das Kreuz am Pfingst-Montag 1931 eingeweiht. (Die Urkunde folgt unten ganz abgeschrieben.) Der Urkunde beigelegt waren Banknoten aus den Inflations-Jahren und ein Zettel mit den Namen derer, die das Kreuz herstellten: Stellmacher Johann Köster, Maurer Theodor Kordel. Nun wird am Himmelfahrtstag die Predigt an einem neuen Kreuz in der Bergmecke gehalten. Die Flasche mit der Urkunde und einem neuen Schriftstück wurde wieder in den Sockel des Kreuzes eingemauert.“
Abschrift der Urkunde vom 12. Mai 1931: „Urkunde. Im Jahre 1813 hatte mein Großvater Georg Siepe, genannt Necker, nach der Befreiung der Russen-Herrschaft (?!) als Gelöbnis ein Kreuz am Stückelhahn gesetzt. Nach dem Kulturkampf 1848 wurde dasselbe Kreuz von meinem Großvater und Vater, damals 10 Jahre alt, nach der Bergmecke versetzt. Im Jahre des Heils 1931, als der ehemalige Generalfeldmarschall von Hindenburg Präsident der Republik war, habe ich das bereits verfallene Kreuz durch dieses ersetzt. Uns allen ist der große Weltkrieg 1914 – 1918, die Revolution und Inflation (nach demselben) noch in grauenvoller Erinnerung. Aus unserer Gemeinde, welche ca. 2500 Seelen zählte, haben 65 Väter und Söhne ihr Leben fürs Vaterland hingegeben. Die Inflation endete im Herbst 1923, als der Wert einer Goldmark bis zu einer Billion Papier ...(?) welche von jeder Gemeinde ausgegeben wurde, gestiegen war. Dieses Papiergeld hatte einen Wert von kurzer Dauer, in den letzten Monaten nur noch einen täglichen, sogar stündlichen Wert. Als endlich im Herbst 1923 das Geld als Rentenmark auf Goldbasis stabilisiert wurde, erhoffte man ein Wiederaufleben unserer so schwer geschädigten Wirtschaftslage. Doch das Gegenteil trat ein. Arbeitslosigkeit und Geldknappheit. Wir zählen in Deutschland 5 000 000 (fünf Millionen) Arbeitslose. Unsere Gemeinde zählt 2 500 ….(?) von denen ...(?) arbeitslos sind. Zur Zeit der diesjährigen Mission vom 10. Mai bis zum 24. desselben Monats habe ich dieses Kreuz neu errichtet. Dasselbe ist von unserem Hochwürdigsten (!) Herrn Pfarrer Ferdinand Gerwinn bei der schon seit 1848 bestehenden Urbanus-Prozession am Pfingsttage dieses Jahres eingeweiht. Zum steten Angedenken lege ich diese Urkunde bei und wünsche, dass meine Nachkommen dieses von meinem Großvater gemachte Gelöbnis aufrecht erhalten. Freienohl, den 12. Mai 1931 – Wilhelm Siepe genannt Necker, geboren 13. Dezember 1880 – Ehefrau Maria Siepe geb. Höhmann, geboren 16. Oktober 1880, 9 Kinder, 1 Enkelkind.“
„Mesters Kreuz“ : nur ein Wegekreuz, und doch mehr!
„Urkunde zur Erstellung des Wegekreuzes vor dem Hause des Johannes Mester
Die Geschichte von „Mesters Kreuz“ („Meußen Kruiße“), am heutigen Tage wieder dort angebracht, wo die Krumme Straße oben in die alte Mittelstraße (die jetzige St. Nikolaus-Straße) einmündet, lässt sich nicht vollständig zurück verfolgen. Es liegt nahe, anzunehmen, dass das – aus Blei gegossene – Bildnis des Gekreuzigten den würdigen Altarhintergrund einer Station der Fronleichnamsprozession bilden sollte. Als solches wurde es jedes Jahr aufs Neue mit frischem Grün und Blumen geschmückt. In rührender Weise beteiligte sich die ganze Familie Mester am Aufstellen von Mai-Büschen und mit Tannen-Grün bedeckten Ehrenpforten. Die Hauswand wurde behängt mit Fichten-Zweigen. Selbstgefertigte Girlanden verliehen dem Ganzen ein festliches Gepränge. Der Boden wurde ausgelegt mit einem sinnvoll gemusterten Blumen-Teppich. Echte Frömmigkeit bildete den Antrieb all dieser Mühe. Gläubig erwartete man die Ankunft des Allerheiligsten und erbat Gottes Segen besonders auch über das Haus und seine Bewohner. - Die Initiative „Mesters Kreuz“ wieder der alten Bestimmung zurück zu geben, ging von der Firmgruppe IV des Jahres 1978 aus. Ganz entscheidend setzte sich Herr Erich Adams für das Gelingen der Aktion ein. Allen sei herzlichst gedankt, die uneigennützig ihre freie Zeit, Mittel und Arbeitskraft für die gute Sache zur Verfügung stellten! Alte Eichenbalken stiftete Frau Änne Kaulmann und Herr Johannes Schwefer. Herr Alfons Weber erledigte die anfallenden Arbeiten aus Kupferblech. Die Maler-Arbeiten führte Herr Hermann Storm Sen. aus. Für die Bearbeitung des Holzes und die eigentliche Aufstellung haben wir Herrn Franz Feldmann zu danken. Herr Johannes Mester und seine Familie finden sich dankenswerter Weise bereit, nach alter Tradition das neu errichtete Kreuz für die Zukunft in ihre Obhut zu nehmen. - In Cruce Salus! (Im Kreuz ist Heil!) - Herr Pfarrer Hagemeyer, der Bauherr unseres noch in diesem Jahre fertig gestellten neuen Pfarrheimes, nimmt am Fronleichnamstag die Einsegnung des Kreuzes vor. - Freienohl, den 7. Juni 1982 – Die Unterschriften: Johannes Mester, Ursula Mester, Bernhard Hagemeyer (Pfarrer), Erich Adams, Ludwig Schwefer, Alfons Weber,Johann Storm, Wilhelm Walter, Elsa Feldmann (selbstverständlich mit und für ihren Ehemann Franz Feldmann) – Die Textfassung ist wohl von Ludwig Schwefer.
Schließlich zum Verbot der Urbanus-Prozession
auf den Weg zum christlichen Gott-Glaubensbekenntnis
Wenn Freienohler mit ihrer Fronleichnamsprozession die Bergmecke herunter kommen und dann ihre St. Nikolaus Kirche vor sich sehen, dazu die wehenden langen, breiten Bänder, die blauweißen und gelbweißen Fahnen vom Kirchturm aus seinen höchsten Schall-Löchern, dann grüßen sie: „Nun kommt noch das große Te Deum!“ Weit tönendes Glockengeläut erlöst von allen Anstrengungen. – Und genau so erleichtert geht es zu, wenn wir nach der Küppelprozession den Breiten Weg hinaufziehen. – Ganz bestimmte Schützenbrüder, die sich im Innern unseres Kirchturms bestens auskennen, haben sich mit dem Aushängen der Fahnen auf diesen Willkommensgruß spezialisiert.
Das war nicht immer so.
Aus der Nazi-Zeit sind Behörden-Briefe an den Freienohler Pfarrer und damit auch an unsere Gemeinde archiviert. Die Briefe erinnern an schlimme Zeiten. Pfarrer war 1916 – 1949 Ferdinand Gerwinn; Erzbischof von Paderborn 1930 – 1941 war Kaspar Klein, danach 1941 - 1974 Lorenz Jäger; Papst war 1922 – 1939 Pius XI., danach 1939 – 1958 Pius XII.
Die Zitate aus den Briefen sind kursiv abgeschrieben. Interessant, gewichtig ist der Abstand der Termine.
Zunächst eine mehr als liederliche Behinderung der bevorstehenden Prozession. Pfarrer Gerwinn schreibt in seiner Chronik: „Am 26. Juni 1933 wurde die Fahne des Gesellenvereins (jetzt Kolpingsfamilie, Kolpingswerk) auf Anordnung der Leitung der hiesigen N.S.D.A.P. (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei) durch die SA-Männer (Sturm-Abteilung…, die 2 Namen sind hier ausgelassen) trotz des erhobenen Einspruchs des Pfarrers gewaltsam aus der Kirche geholt.“ Auch damals waren die Vereinsfahnen, Banner und Wimpel stolze Zeichen des Glaubensbekenntnisses zum Allerheiligsten der Prozessionen.
1934, 12. Mai: Absender: NSDAP, Gauleiter in Bochum an alle Kreisleitungen des Gaues Westfalen-Süd, Betreff „Teilnahme katholischer Verbände an den kirchlichen Prozessionen…mit dem Ersuchen, Ihre sämtlichen Dienststellen zu veranlassen, auch örtlich mit den Verbänden der SS, SA und HJ (Sturmschar / Saalschutz, Sturmabteilung, Hitlerjugend, - ab 14 Jahre) Fühlung zu nehmen, damit unter allen Umständen Störungen der kirchlichen Feiern nicht eintreten: Durch Erlass vom 4.12.1933 … habe ich allgemeine Weisungen hinsichtlich der katholischen Verbände, insbesondere der Jugend-Organisationen gegeben. Um Störungen und Misshelligkeiten gelegentlich der vielfachen demnächst stattfindenden kirchlichen Prozessionen zu vermeiden, weise ich ergänzend noch auf Folgendes hin: Die Prozessionen sind rein kirchliche Veranstaltungen. Eine geschlossene Teilnahme konfessioneller Vereine, auch Jugendvereine bei denselben, ist grundsätzlich nicht zu behindern, auch nicht das Mitführen von Vereinsfahnen. Dabei wird sich der geschlossene Marsch dieser Organisationen lediglich auf die Teilnahme an den kirchlichen Prozessionen zu beschränken haben. Ein Auftreten dieser Organisationen in Uniform oder Einheitskluft wird nicht zuzulassen sein. Ein solches entspricht auch in keiner Weise der überlieferten Übung und ist lediglich geeignet, Störungen von Ruhe und Ordnung hervor zu rufen. Die vielfach überlieferte Übung, dass bei einzelnen Verbänden die Fahnenträger und Fahnenbegleiter Barett und Schärpe oder ähnliche tragen, ist selbstverständlich nicht zu hindern.“ Im Amt Freienohl eingegangen am 23. Mai 1934.
1934, 24. Mai: „Bei den stattfindenden Prozessionen wolle nach Möglichkeit dafür gesorgt werden, dass sich die Prozessionen auf der rechten Straßenseite fortbewegen. Der Straßenverkehr auf den Durchgangsstraßen darf nicht behindert werden.“
Unsere Durchgangsstraße hieß damals: Adolf-Hitler-Straße.
1934, 28. Juni: „An die Jungfrauen-Kongregation zu Freienohl: Um weitere Zusammenstöße mit der Hitler-Jugend zu verhindern, ist neben dem Verbot des Tragens von Uniformen oder Uniform-Stücken durch konfessionelle Jugendverbände nunmehr angeordnet, dass den konfessionellen Verbänden auch das Tragen aller Abzeichen verboten ist. Dazu gehört auch das Christus-Abzeichen der Neudeutschen (Verband katholischer Schüler höherer Lehranstalten).“ (2016: Bund Neudeutschland – Gemeinschaft katholischer Männer und Frauen; ND-netz.de)
1936, 15. Januar: „Betreff: Beflaggung der Kirchengebäude. – Es ist in letzter Zeit, insbesondere von katholischen Kreisen, mehrfach versucht worden, den Erlass des Herrn Reichs- und Preußischen Ministers des Innern … dadurch zu umgehen, dass die Reichs- und Nationalflagge nicht am Kirchengebäude selbst, sondern an einem neben dem Kirchengebäude eigens hierzu errichteten Fahnenmast gehisst wurde…“
1936, 19. Februar: „In letzter Zeit ist mehrfalls festgestellt worden, dass zur Hissung der Reichs- und Nationalflagge vor den Kirchen auf den Kirchengrundstücken besondere Fahnenmaste errichtet wurden. Ich darf hierzu darauf hinweisen, dass nach dem Erlass über die Kirchenbeflaggung vom 4. Oktober 1935 … die Kirchen- G e b ä u d e zu beflaggen sind… Im Interesse einer reibungslosen Durchführung der für die Kirchenbeflaggung getroffenen Anordnungen bitte ich, das hiernach Erforderliche veranlassen zu wollen.“
Als in jenen Jahren ein Paderborner Priester von seinem Erzbischof Klein einen Ratschlag erbat, sagte der Erzbischof: „Das weiß ich auch nicht, aber haben Sie Mut und Phantasie!“
1936, 18. Mai; die Polizei an den Bürgermeister Michel: „Die Beflaggung des Kirchturms in Freienohl wäre an sich wohl möglich, jedoch ist die Anbringung der Fahne mit Schwierigkeiten verbunden. Bei der vorgenommenen Besichtigung ergab sich, dass ein Flaggen aus dem Schall-Loch heraus unzweckmäßig wäre, weil das Fahnentuch sich draußen in dem Ziffernblatt und den Zeigern der Uhr verfangen kann. Oben am Helm befindet sich allerdings noch ein kleiner Dachausbau, durch den die Flagge eingerollt hindurch gebracht werden könnte, jedoch fehlt eine Leiter dahin. Zunächst müsste also eine Leiter angeschafft und fest eingebaut werden. Sodann müssten die Laufbretter im Gebälk festgenagelt und seitlich durch einen Handlauf gesichert werden. Schließlich wäre noch für eine Beflaggung im Winter die Anlage einer elektrischen Lichtleitung und einer Brennstelle erforderlich. Sollten sich sonst noch technische Schwierigkeiten ergeben, so möge das Kreisbauamt in Anspruch genommen werden.“
1936, 2. Juni: „Zurückgesandt. Das Flaggen vom Fahnenmast aus kann nicht als ausreichend angesehen werden. Ich ersuche daher zu fordern, dass die Fahne vom Kirchturm gezeigt wird.“
1936, 10. Juni: Polizei-Funkdienst Stapo Dortmund (Staatspolizei) nach Arnsberg zum – u.a. – Regierungspräsidenten zur Weiterleitung: „Der Reichskirchenminister hat folgende Entscheidung getroffen: Rein weltliche Veranstaltungen kirchlich konfessioneller Vereinigungen im Anschluss an die religiöse Feier des Fronleichnamsfestes haben entsprechend dem Charakter dieses Festes ebenfalls mehr oder weniger den Charakter einer Demonstration und sollen im Interesse der Volksgemeinschaft unterbleiben … und können daher nicht zugelassen werden… In sehr vielen Pfarrgemeinden finden solche weltlichen Feiern ohnedies nicht statt wohl in dem Gefühl, dass weltliche Veranstaltungen nicht zu einem solch tiefen religiösen Geheimnis passen, wie es nach katholischem Glauben Eucharistie enthält… Die Fronleichnamsprozession dagegen ist in der bisherigen Form und Ausdehnung zu gestatten…über den Verlauf des Fronleichnamsfestes (ist) schriftlich bis spätestens 15.6.36 zu berichten. Fehlanzeige ist erforderlich…“
1938, 31. Mai: Der Landrat in Arnsberg aus dem Schreiben des Gau-Schützenführers: „Nach § 2 der Reichseinheitssatzungen…sind den Vereinen Bestrebungen Klassen trennender oder konfessioneller Art verboten.“
1938, 4. Mai; Vom Landrat an Bürgermeister und am 16. Mai 1938 weiter an Pfarrer: „Betreff: Zweite Verordnung zur Durchführung des Reichsflaggen-Gesetzes vom 28.8.1937. – Aus Anlass eines Einzelfalles hat die Staatspolizeistelle in Dortmund über das Flaggen von Kirchenfahnen folgende Entscheidung getroffen: Nach § 2 der Verordnung ist Privatpersonen das Setzen von Kirchenflaggen allgemein verboten. Auch bei kirchlichen Feiern, wozu selbstverständlich auch Prozessionen gehören, können Privatpersonen nur die Reichs- und Nationalflagge zeigen. Das Zeichen von farbigen Kirchenfähnchen, auch in Form einer Girlande, fällt ebenfalls unter das Verbot … Nur den Kirchen ist es gestattet, bei kirchlichen Feiern die Kirchenfahne zu zeigen. Erfolgt die Beflaggung nicht auf staatliche Anordnung, sondern aus einem anderen Anlass, so können die Kirchen, nicht Privatpersonen, Kirchenfahnen allein oder neben der Reichs- und Nationalflagge zeigen. Im letzteren Falle gebührt der Reichs- und Nationalflagge jedoch die bevorzugte Stelle. – Ich ersuche, die Befolgung dieser Anordnung genauestens zu überwachen.“
1939, 25. Mai: vom Landrat Arnsberg – u.a. – ans Amt Freienohl, hier eingegangen am 1.6.1939: „Die Behinderung des Durchgangsverkehrs auf verkehrswichtigen Straßen, d.h. auf allen Reichsstraßen und Hauptverkehrsstraßen durch die Veranstaltung von Prozessionen ist mit den Erfordernissen einer geordneten Abwicklung des Verkehrs und den zu seiner Förderung und Sicherheit ergriffenen Maßnahmen organisatorischer, finanzieller und sonstiger Art nicht mehr zu vereinbaren, auch wenn hierbei in althergebrachter Weise bestimmte Wege und Plätze benutzt werden. Ich ordne daher an, dass Prozessionen und Wallfahrten die Reichs- und Hauptverkehrsstraßen des Kreises Arnsberg nicht mehr begehen dürfen. In besonders gelagerten Fällen, bei welchen sich die Benutzung einer Reichs- oder Hauptverkehrsstraße nicht umgehen lässt, bin ich notwendigenfalls bereit, wenn es mit den verkehrspolizeilichen Interessen in Einklang zu bringen ist, eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen. Anträge dieser Art ersuche ich mir rechtzeitig unter eingehender Darlegung des Sachverhaltes vorzulegen. Dabei weise ich darauf hin, dass in den Fällen, in denen eine Prozession pp. Eine Reichsstraße kreuzen soll, mit der Erteilung der Ausnahmegenehmigung nicht zu rechnen ist…“ Auf alten Postkarten ist zu sehen, wie damals unsere Reichsstraße und Hauptverkehrsstraße aussah. Wer damals Kind war, erinnert sich an die Fahrten mit selbstgebauten „Bollerwagen“ und an den Autoverkehr, an die Autobesitzer und Fahrer.
1939, 2. Juni: „Hiermit bringe ich zur Kenntnis, dass aus Verkehrsrücksichten Prozessionen und Wallfahrten die Reichs- und Hauptverkehrsstraßen des Kreises Arnsberg nicht mehr begehen dürfen. Sie wollen die Anordnung beachten und sich darnach in Zukunft halten.“
Ausgerechnet diese Verordnung hatte Otto Günnewich, Vikar in Niedersalvey, nicht zur Kenntnis genommen. Er ging mit der Niedersalveyer Fronleichnamsprozession 1942 beim Rundgang um die Kirche knappe 50 Meter über die Durchgangsstraße. Das wurde verraten. Am 12.7.1942 wurde er verhaftet, am 10.8.1942 im KZ Dachau vergast. Die Leiche wurde verbrannt und den Eltern zugeschickt.
1939, 5. Juni: „Durch Verfügung II U 2 vom 31.5.1939 hat der Herr Regierungspräsident die folgende Anordnung des Herrn Oberpräsidenten bekannt gegeben (für die Volksschule Freienohl): Am Fronleichnamstage dieses Jahres findet planmäßiger Unterricht statt. Um den katholischen Lehrern und Schülern die Möglichkeit zu geben, den Gottesdienst zu besuchen, fällt für sie der Unterricht in der ersten Stunde aus. An Schulen, die auch von nichtkatholischen Lehrern und Schülern besucht werden, fällt der Unterricht in der ersten Stunde auch für diese aus, wenn nach Ermessen des Schulleiters ein fruchtbringender Unterricht für sie nicht möglich ist… Auf die genaueste Befolgung dieser Anordnung weise ich nachdrücklich hin. In der hiesigen Schule beginnt der Unterricht am Fronleichnamstage um 9 Uhr.“
1940, 10. Mai vom Oberpräsidenten der Provinz Westfalen, Münster; über den Herrn Regierungspräsidenten der Provinz, Arnsberg, am 12. Mai 1940;über die hauptamtlichen Bürgermeister am 15. Mai 1940 an die Pfarrer: „Im Hinblick auf die gegenwärtige Lage müssen bis auf weiteres im Bereich der Provinz Westfalen alle öffentlichen Umzüge unterbleiben. Darunter fällt grundsätzlich auch die diesjährige Fronleichnamsprozession. Es ist jedoch nichts dagegen einzuwenden, wenn die Prozession in Form eines Umganges um das Kirchengebäude abgehalten wird, soweit nicht eine akute Luftgefahr vorliegt.“
Ob Vikar Günnewich diese Anordnung in Verbindung mit der Anordnung vom 2. Juni 1939 auch nicht kannte, weiß man nicht.
Die Praxis des Glaubensbekenntnisses an Fronleichnam, immer ein Donnerstag, führte Pfarrer Gerwinn so aus: Nach der Hl. Messe ging´s los: die Erstkommunionkinder gingen in den Mittelgang und übernahmen mit Lejrer und Lehrerin die Spitze, nach draußen durch das Hauptportal, gleich rechts ´rum, durch den Seiteneingang wieder in die Kirche , nach vorne zur Schmerzhaften Muttergottes, rechts rum, an der Kommunionbank - damals – entlang, durch die Mitte zum Seitengang, durch die Seitentür hinaus, rechts an der Kirche entlang , durch das Hauptportal in die Kirche hinein, alle sangen lauthals: „Großer Gott, wir loben Dich!“ Beim Sakramentalen Segen schmunzelte Pfarrer Gerwinn vielleicht. Heute würde man sagen: clever!
1941, 19. Mai, vom Landrat an Pfarrer Gerwinn: „Ihr Antrag vom 14. Mai, betr. Genehmigung einer Fronleichnamsprozession, ist mir … zuständigkeitshalber vorgelegt worden. In Anbetracht der gegenwärtigen Luftlage kann die Prozession in der vorgesehenen Weise leider nicht zugelassen werden. Es bestehen aber keine Bedenken, wenn die Prozession in der Form des Umganges um das Kirchengebäude abgehalten wird. Hierzu erteile ich hiermit meine Genehmigung.“
Darunter steht die handschriftliche Anmerkung von Pfarrer Gerwinn, auch von ihm abgezeichnet: „Ein Umzug um die Kirche kommt hier wegen der Beschränktheit der Mauer nicht in Frage. Infolgedessen fallen in diesen Wochen die Prozessionen aus.“
1942, 1. Juni: Die Geheime Staatspolizei Dortmund an die Landräte usw. bis zur Ortspolizei: „Eilt sehr! Vertraulich!“ Klar, der Fronleichnams-Termin steht fest. Es geht um „die Verordnung über die Handhabung des Feiertagsrechtes während des Krieges… Ich ersuche, die Veranstaltungen der Kirchen sowohl am Donnerstag, dem 4.6.1942 als auch am Sonntag, dem 7.6.1942 zu überwachen. Die Überwachung bezieht sich auch auf die Beteiligung am Gottesdienst, sowie auf die angesetzten Feierlichkeiten. Insbesondere ist darauf zu achten, ob von den Geistlichen die Verlegung und die damit verbundenen Feierlichkeiten innegehalten werden. Bei festgestellten Verstößen bitte ich den Namen des verantwortlichen Geistlichen anzugeben. Um Bericht bis zum 13.6.1942 – genau - … Fehlanzeige ist erforderlich.“
1942, 8. Juni: Amt Freienohl: „Fehlanzeige“.
1945, 1. Mai: Pfarrer Gerwinn an das Bürgermeisteramt in Freienohl: „Seitens der Mitglieder der hiesigen Pfarrgemeinde ist mir wiederholt der lebhafte Wunsch ausgesprochen worden, dass die drei seit Jahrhunderten üblichen Prozessionen, die in den letzten 6 Jahren verboten waren, wieder gehalten werden möchten… (Die 3 Prozessionen werden mit den entsprechenden Terminen aufgeführt.) Es wäre wünschenswert, wenn für diese 3 Tage die Zeit zur Benutzung der Straße auf morgens 6 Uhr heraufgesetzt würde, damit der Gottesdienst zeitiger beginnen kann.“ - So früh schon wegen des Schmückens mit den „Blumen-Teppichen“.
1945, 9. Mai 00.01 Uhr: Die deutsche Kapitulation tritt in Kraft. Ende der NS-Zeit.
1945, 2. August, aus dem Erzbischöflichen Generalvikariat Paderborn an die Dechanten zur Weiterleitung an die Pfarrer: „Zur Kenntnisnahme. Der englische Kreiskommandant in Arnsberg teilt uns mit, dass Prozessionen keiner besonderen Genehmigung bedürfen, dass sie aber rechtzeitig unter Angabe des Prozessionsweges ihm gemeldet werden müssen. Militärstraßen dürfen nicht von den Prozessionen berührt werden.“
Dieser Abschnitt zum Nationalsozialistischen Regime und Narzisstischen Machtmissbrauch kann die Erinnerung an die Vergangenheit hoch halten und die Zukunft auch des christlichen Gott-Glaubens entwickeln, fördern. Für die Jetztzeit.
Christliches Religiös-Sein ist anders als vor 1 Jahr, vor 10 Jahren, vor … Die Kurzformel:
Christsein ist anbeten und lieben. 1. Gott, die Heilige Dreieinigkeit, anbeten. 2. Lieben ist: das für den Nächsten Gute wollen und tun. (Thomas von Aquin, 1225-1274: Christianus: adorare atque amare. Amare est alicui bonum velle.)
Der Nächste: jetzt sind es auch die, die die Prozessionen mit gehen.
Anmerkung: Quellen: Die Texte oft sehr ähnlichen Inhalts wurden absichtlich nicht zusammengefasst, gekürzt; die Termine veranlassen, „die Jahre“ wahrzunehmen.
Wenige Namen in den Schreiben, Briefen wurden absichtlich ausgelassen; hier nicht: Landrat in Arnsberg: Teipel, Bürgermeister in Freienohl: Michel, NSDAP-Ortsgruppenleiter: Josef Kückenhoff. Übrigens: Ältere, ganz alte Freienohler bestätigen auch dank ihrer Lebenserfahrung in Freienohl, was inzwischen eigentlich Allgemeinwissen ist: manche Freienohler haben „es hinterher“ bereut und gelitten. Damals hatten sie auch dafür gesorgt, dass Freienohler „in Arbeit kamen“. Sie gehören nicht zu den NS-Verbrechern.
- EBAP: Erzbischöfliches Archiv Paderborn. - Pfarrarchiv St. Nikolaus Freienohl: A 9, A 29. - Amtsarchiv Freienohl Nr. 1140 im Stadtarchiv Meschede in Grevenstein.
Heinrich Pasternak
März 201
Hinweis: Der Inhalt des Beitrags entspricht der persönlichen Meinung / Ansicht des Autors Heinrich Pasternak und nicht notwendigerweise der Meinung / der Ansicht des Freienohler.de Teams.