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Schalom! Unserer Gerwinn-Straße! - Von H. Pasternak
Schalom! Unserem Pfarrer Ferdinand Gerwinn!
Schalom! Unsrem Gedenktag am 27. Januar 2021 und 1700 Jahre zurück ins Jahr 321 mit dem Dekret vom Römischen Kaiser Konstantin zum Bischof von Köln zum Einsatz für die Juden!
Erstens: Wir beginnen am Gedenktag zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus 1933 – 1945: am 27. Januar 2021 mit dem Dekret von 321, manchmal auch Edikt genannt. Natürlich war damals, 321 noch nicht bekannt die Verkündigung von Papst Johannes Paul II. im Jahr 1986 insbesondere an die katholischen Christen: Die Juden sind unsere älteren Geschwister – „fratelli maggiori“! Auch nicht bekannt war die exquisite Lebens-Praxis für die Freienohler jüdischen Familien des Hirten Pfarrer Ferdinand Gerwinn. Auch nicht bekannt das politische Engagement in Freienohl im Jahr 1975 mit dem Straßen-Namen: Gerwinn-Straße.
Nun das Dekret von 321 auf Deutsch: „Durch reichsweit gültiges Gesetz erlauben wir allen Stadträten. Dass Juden in den Stadtrat berufen werden. Damit ihnen, - den Juden -, selbst aber etwas an Trost verbleibe für die bisherige Regelung, so gestatten wi,. dass je zwei oder drei (...) aufgrund dauernder Privilegierung mit keinen (solchen) Berufungen belastet werden.“ (LVR Jüdisches Museum im Archäologischen Quartier Köln: Das Dekret von 321: Köln...) - Dies Gesetz (Dekret, Edikt) belegt auch aufgrund des Römischen Kaisers, dass Juden städtische Ämter in der Kurie, in der Stadtverwaltung Kölns besetzen fürfen und sollen. Dieses Edikt belegt eindeutig, dass jüdische Gemeinden bereits seit der Spätantike, des Frühmittelalters wichtiger integrativer Bestandteil der europäischen Kultur sind.
Zur Überleitung ein Zitat von Hanna-Barbara Gerl-Falkowitz in „Frau – Männin – Menschin“: „Geschichte ist der Humus, auf dem die Zukunft wächst“.
Zweitens: Schalom! Unserem Pfarrer Ferdinand Gerwinn mit seinem Drumherum in Freienohl
Biographische Daten: Ferdinand Gerwinn: geb. am 17.7.1872 in Werl; Priesterweihe am 19.3.1896 in Paderborn; Vikar in Oschersleben / Sachsen und Annaberg – Buchholz / Sachsen; 1900 Pfarrvikar in Bitterfeld, dann Pfarrer in Bitterfeld; am 3.8.1916 Pfarrer in Freienohl, bis 1.10.1049, pensioniert, lebt in Freienohl im Pfarrhaus, 1953 vom Paderborner Erzbischof Ernennung zum Geistlichen Rat; am 17.1.1956 ernennt ihn die politische Gemeinde Freienohl zum Ehrenbürger, er stirbt am 3.6.1958 in Freienohl. Zum ganz persönlichen Mehr von Pfarrer Ferdinand Gerwinn: Sein geschichtlicher Einblick und Durchblick und sein durch und durch christlicher Glaube, durchwachsen mit der Tugend der Tapferkeit veranlassten unseren ganz besonderen Hirten, unsere Freienohler jüdischen Familien noch gerade rechtzeitig zu besuchen, abends, im Dunkeln, in seiner fußlangen schwarzen Soutane: Noch vor ihrer Verfolgung müssen sie fliehen, Deutschland verlassen. Einige sind nicht weit genug geflohen. Nur bis Holland. Aus Geldmangel. – Literatur und Filme wissen mehr vom Leiden.
Drei Abschnitte zum Grundlagen-Verstehen:
Erstens: Zwei Freienohler jüdische Familien-Daten zeigen das Zusammenleben noch vor der Nazi-Zeit: Familie Rosenthal und Familie Emmerich
Und wer auch noch die „Zeitungsberichte“ und die „Protokoll-Bücher der Gemeinde-Protokolle“ von Freienohl nach Arnsberg aus dem 19. und zu Beginn des 20.Jahrhunderts liest (im Stadtarchiv Meschede in Grevenstein), der lernt auch kennen das berufliche Zusammenarbeiten aller Freienohler in Freienohl und nach draußen. Darum folgen hier die wohl vollständigen Familien-Register gerade dieser beiden jüdischen Familien.
Familie Rosenthal
Leser Rosenthal, Handelsmann (auch geschrieben: Leeser, Lazarus) geb. ca. 1812 (auch 1822) in Beringhausen bei Brilon. Seit 1842/43 in Freienohl. Heirat am 25.3./5.1845 mit Julie (Julchen) geb. Rotschild aus Hovestadt (Herstadt, Hauenstadt) Kr. Soest, geb. 07.10.1819 (auch ca. 1824). Beider Sterbedaten in Freinohl nicht aktenkundig; Datum eines wohl möglichen Umzugs auch nicht. Kinder von Leser und Julie Rosenthal:
1.Joseph Benjamin Rosenthal, geb. 17.02.1846 in Freienohl. Nach jüdischer Sitte führte er als zweiten Vornamen den Vornamen des Vaters. 1866 als Soldat, Musketier gemeldet im Verzeichnis israelitischer Gemeindemitglieder zu Freienohl. Er fiel im Krieg gegen Frankreich am o6.o8.1870 in Wörth. Auf dem Krieger-Denkmal rechts vom Alten Amtshaus steht sein Name.
2.Sophia Rosenthal, geb. 06.05.1847 in Freienohl . Konvertierte Jüdin. Erste Hl. Kommunion: 20.6.1869. Trauungsregister Freienohl: 20.7.1869: Sophia Rosenthal mit Johann Schilling, Anstreicher-Meister, aus Eslohe; Trau-Zeugen: Joseph Gördes, Carolina Koßmann.
Ihre Kinder: Geburtsregister Freienohl: 1. Sophia Schilling-Rosenthal, geb. 6.5.1869 Freienohl; Taufe 12.6.1869 in Freienohl, Paten: Antonette Bause, Lehrerin, Gertrud Bunse, Anton Geihsler, Wilhelm Lutter, Lehrer und Küster. 2. Lea Schilling, geb. 11.4.1872, Taufe: 14.4.1872, Taufpaten: Otto Schilling, Lehrer zu Breitenbruch, Franz Weber, Theresia Lenze, Christina Toenne.
Familie Johann Schilling + Sophia Rosenthal + Tochter Sophia und Lea wohnen ab 1879 zur Miete im neuen Schulhaus (späteres Amtshaus)(siehe Kapitel: Netzwerk Schule).
3.Lisette Rosenthal, geb. 16.11.1849 in Freienohl, gest. 14.1.1850 als Kleinstkind.
4.Benjamin Rosenthal, geb. 15.12.1850 in Freienohl, gest. 4.1.1851 als Klinstkind.
5.Albert Rosenthal, geb. 23.11.1851 in Freienohl, gest. 9.12.1851 als Kleinstkind.
6.Hermann Rosenthal, geb. 10.07.1853 in Freienohl, gest. 25.7.1853 als Kleinstkind.
7.Hedwig Rosenthal, geb. 21.06.1854 in Freienohl. Tod nicht aktenkundig, s.o. 20.2.1869.
8.Helene Rosenthal, geb. 11(7.?).06.1855 in Freienohl, gest. 10.8.1855 als Kleinstkind.
9.Julius Rosenthal, geb. 31.08.1856 in Freienohl, gest. 15.9.1856 als Kleinstkind.
10.Jettchen Rosenthal, geb. 07.11.1858 in Freienohl. Heiratete am 20.08.1877 Alexander Emmerich.
Anmerkungen: Was haben mitgemacht, gelitten, erduldet, geglaubt, gehofft die Ehefrau und Mutter Julchen Rosenthal? - der Ehemann und Vater und Geschäftsmann Leser Rosenthal? - die beiden älteren Geschwister Joseph, der 1871 als Soldat „gefallen“ ist? - die Tochter Sophia, die 1869 vom jüdischen zum katholischen Glauben konvertierte, sicher auch aus Liebe zu ihrem nichtjüdischen Ehegatten? - und was mögen die Freienohler, die Katholiken gedacht, geredet, getan haben? Von all dem ist nichts aktenkundig! Ehefrau Sophia Schilling geb. Rosenthal wird als kleines, junges Mädchen den Garten ihrer Eltern Leser Rosenthal und Julchen Rotschild, als da noch nicht die damals neue Schule stand, sicher mit besorgt haben. Parzelle 809; das spätere Amtshaus.Am 31. Mai 1880 kündigt Johann Schilling mit seiner Familie den Pachtvertrag bezüglich der Wohnungim neuen Schulhaus, weil er nach Arnsberg umzieht. Er hat in den Maschinenwerkstätten in Arnsberg „seitens“ der Bergisch-Märkischen Bahnverwaltung dauernde Beschäftigung gefunden. - Bei dieser Familie Leser Rosenthal sind schon auffällig die nichtjüdischen Vornamen.
Familie Emmerich
Die z.Zt.: 2009 wohl gründlichste Familiengeschichte ist die von Josef Göckeler, Arnsberg. Von ihm seien von dieser jüdischen Familie in Freienohl hier nur die Stammbaum-Daten übernommen.
Die Vorfahren der Familie Emmerich sind wahrscheinlich um 1700 von Spanien nach Emmerich am Niederrhein gezogen und haben auch von dort ihren Namen erhalten. Von hier mag die Verbindung nach Drensteinfurt herrühren zu Henriette Hanzlik; siehe unten 15. Juli 1936.
Wolf Emmerich (auch Wolff geschrieben), Handelsmann, geb. ca. 1803 Vinsebeck Kreis Höxter, gest. 18.10. 1864, verheiratet Henriette Eber (auch Everz / Evers geschrieben), geb. ca. 1807 Neuenkirchen, gest. 15.04.18?6 Steinheim, das Ehepaar lebte in Steinheim Kreis Höxter.
Alexander Emmerich, Kaufmann, Sohn von Wolf Emmerich, geb. 11.12.1846 Vinsebeck, gest. 16.02.1933 in Freienohl, bestattet auf dem jüd. Friedhof in Arnsberg; Heirat mit
Jettchen Rosenthal am 20.08.1877, Tochter von Leser und Julie Rosenthal (s.o.); geb. 07.11.1858 in Freienohl, Trauzeugen: Gemeinde-Vorsteher Caspar Tönne und Schreiner Adolph Feldmann (dies zeigt gemeinde-öffentliche Hochachtung); gest. 14.12.1938; in Arnsberg beigesetzt, Standesamt Arnsberg Nr. 192/1938. Wohnungswechsel von Freienohl nach Arnsberg im Dezember 1936. Nazi-Regime-bedingt. Ab 1936 Haus Hömberg.
Kinder von Alexander und Jettchen Emmerich:
1. Wilhelm Emmerich, geb. 13.9.1879 in Freienohl, als junger Mann ? verstorben.
2. Alma Emmerich, geb. ? in Freienohl, als Kind verstorben.
3. Debora gen. Nora Emmerich, geb. 20.10.1881 (auch 20.6.1882) in Freienohl; ermordet / vergast zwischen 1943 und 1945 im KZ Auschwitz. Sie war verheiratet, - etwa 1903/1904 - , mit Max Funke, geb. 10.06.1867 in Arnsberg. Max Funke gehört nicht zur Freienohler Familie Funke gnt. Schilling; seine Familie stammt aus Wenholthausen, ursprünglich katholische, dann jüdischen Glaubens („Juden in Arnsberg“ 1991, M. Gosmann, S. 167). Ihre Tochter Hilde, geb. 15.2.1905 in Arnsberg. Sie besuchte das „Lyzeum der Armen Schulschwestern“ (später: Mädchen-Gymnasium: Mariengymnasium, Königsstraße). - Das wohlhabende Ehepaar Funke / Emmerich besaß in Arnsberg auf dem Steinweg ein florierendes Textilwarengeschäft mit mehreren Verkäuferinnen und einem Dekorateur. Im März 1933 wurde vor dem Geschäft ein Schild aufgestellt: „Kauft nicht bei Juden! Wer bei Juden kauft, verrät das Vaterland!“ Bald schon verfügte die Familie über keine Einnahmen mehr. Das Geschäft wurde 1934 an eine Familie aus dem Ruhrgebiet vermietet. Auch im Wohnhaus musste eine Etage vermietet werden. Die offene Verfolgung setzte am 9./10. November 1938 mit der „Reichskristallnacht“ ein. Weihnachten 1938 floh das Ehepaar zu Verwandten nach Holland – wie zahlreiche deutsche Juden. Max Funke starb am 06.03.1943 in Dinxperlo / Niederlande, Pastoriestraat 160 Debora Funke geb. Emmerich wurde dort aber auch „aufgetrieben“. Tochter Hilde hatte vor 1937 den jüdischen Geschäftsmann Hermann Herz aus Kassel geheiratet und konnte mit ihm um 1937 nach Amerika flüchten; dann wohnhaft in Long Beach, 28 Niete Avenue, California, USA. Tochter Hilde hat 1950 beantragt, ihre Mutter für tot zu erklären. Einer Auskunft des Niederländischen Roten Kreuzes vom 14. Dezember 1950 zufolge ist die Verschollene (Gesetzes-Sprache) am 9. April 1943 aufgrund ihrer jüdischen Abstammung im Konzentrationslager Westerbork (Holland) interniert und von dort mit einem Krankentransport nach Auschwitz deportiert worden. Seit dem liegen über ihr weiteres Schicksal keinerlei Nachrichten vor. Nach dem Verschollenengesetz § 7a wird dem Antrag stattgegeben und ihr Tod auf den 8. Mai 1945 angesetzt. Anzahl und Namen weiterer Kinder von Max Funke und Debora geb. Emmerich sind unbekannt (am 1.12.1950).
4. Julius Emmerich, geb. 11.8.1883 in Freienohl, als junger Mann ausgewandert nach Amerika.
5. Alfred Emmerich, geb. 10.01.1885 in Freienohl, gest. 19.04.1947 in La Paz / Bolivien,
Heirat mit Irma Schreiber am 18.06.1922, geb. 14.06.1894 in Witten-Annen,
gest. 04.02.1978 in Portland / USA. Ehepaar Alfred Emmerich abgemeldet nach Arnsberg, Bahnhofstr. 104 am 1.2.1937; Irma Emmerich geb. Schreiber war im Geschäft tätig und führte vor allem die Buchhaltung; (s.u. 15. Juli 1936: Henriette Hanslik)
Ausbildung, Lehre der Kinder von Alexander und Jettchen Emmerich: Daten aus den An- und Abmelde-Listen im Archiv Freienohl:
Wilhelm Emmerich: Am 4.1.1904 von Hamburg nach Freienohl, Handlungs-Gehilfe (Kaufm. Lehrling). Am 16.2.1904 von Freienohl nach Hamburg.
Nora Emmerich; Am 11.5.1897 von Freienohl nach Euskirchen.
Julius Emmerich: Am 20.9.1899 von Freienohl nach Gelsenkirchen, als „Stift“, Lehrling. Am 19.12.1900 von Bismarck (?) nach Freienohl. Am 26.9.1906: Militär-Reservist: von Diedenhofen nach Freienohl. Am 15.8.1907 von Freienohl nach New Yorck, Kaufmann. Am 13.5.11911 aus Anröchte nach Freienohl. Am 15.8.1911 von Freienohl nach Anröchte.
Alfred Emmerich: Am 7.2.1899 von Freienohl nach Seesen (?). Am 7.7.1923 von Freienohl nach Arnsberg mit Ehefrau Irma. Am 23.8.1923 von Arnsberg nach Freienohl mit Ehefrau Irma.
Kinder von Alfred Emmerich:
1.Hans-Walter Emmerich, geb. 10.11.1924 in Freienohl. Gest. 12.04.1991 in Saarburg. Ausbildung, Schule: Am 24.4.1935 von Freienohl nach Coburg. Heirat am 06.11.1941 mit Marianne Capouner. Anschrift 1988: Pontinusweg 15, 5000 Köln 40. Sie haben 3 Kinder: Irene: geb. 04.11.1952, La Paz / Bolivien; Erika: geb. 06.02.1956, La Paz / Bolivien; Peter: geb. 07.01.1960, La Paz / Bolivien.
2. Ruth Emmerich, geb. 10 (30.?).01.1927 in Freienohl. abgemeldet nach Arnsberg, Bahnhofstr. 104 am 1.2.1937 (s.o). Heirat am xx.03.1951 mit Sigi Schnell, Stettin. Ausgewandert nach Vancouver, Oregon, USA.
Besuch? Anna Emmerich, Witwe, geb. Goldschmidt, geb. 7.3.1889 in Hamburg: am 21.6.1919 von Hamburg nach Freienohl; am 1.9.1919 von Freienohl nach Arnsberg.
Zweitens: Konkretes Leben in der NS-Zeit: Lehrerin Kenter II mit Johanna Kückenhoff: zwei gichtkranke Frauen; Freienohler in Arbeitslagern; Fronleichnamsprozession mit Pfarrer Gerwinn. Ausgeklammert sind die jüdischen Familien.
Jetzt zur LehrerinFranziska Kenter II und der Nationalsozialismus:
Am 28. Juni 1934 teilt der Amts-Beigeordnete Joseph Kückenhoff im Auftrag des Bürgermeisters der „Jungfrauenkongregation“ (in der Pfarrgemeinde St. Nikolaus-Freienohl) mit: „Um weitere Zusammenstöße mit der HJ (Hitler-Jugend) zu vermeiden ist neben dem Verbot des Tragens von Uniformen oder Uniform-Stücken durch konfessionelle Jugendverbände nunmehr angeordnet, dass den konfessionellen Verbänden auch das Tragen aller Abzeichen verboten ist. Dazu gehört auch das Christus-Abzeichen der Neudeutschen (Verband katholischer Schüler Höherer Lehranstalten).“ (um 2010: nd-netz.de; ksj-pb.de)
Aus einem Brief vom 28. Dezember 1934 vom Freienohler Amtsbürgermeister Michel an den Freienohler Pfarrer Ferdinand Gerwinn, zusammengefasst: Alle Erwachsenen-Organisationen dürfen aufgrund einer Verfügung ihre Veranstaltungen nicht mehr in der Schule durchführen. Die Jungfrauen-Kongregation musste in dieses Verbot als Verein Erwachsener mit eingeschlossen werden. - In den damaligen katholischen Pfarreien bestanden die Jungfrauen-Kongregationen aus jungen Mädchen, nicht aus Schul-Mädchen und nicht aus erwachsenen Frauen; die meisten Jugendverbände waren damals noch geschlechts-getrennt.
Knapp 3 Monate später: am 15. März 1935: Frl. Kenter II ist 47 Jahre alt!Aus einem Bericht des Freienohler Ortsgruppenleiters Joseph Kückenhoff an die Kreisleitung der NSDAP (National-Sozialistische Deutsche Arbeiter Partei) in Arnsberg: Auszüge: „In meinem Bericht von Mai 1933 habe ich schon darauf hingewiesen, dass die Lehrerin Kenter nicht im Geiste der nationalen Regierung arbeitet … oft (habe ich mich) beschwert beim Schulrat und Kreisleiter... Fast in jeder Versammlung der Parteigenossen Klagen eingebracht, über die meist schon schriftlich und mündlich berichtet ist. (1.) Kenter und Walter (Lehrer Heinrich Walter) lehnten Eintritt in die NSV ab, darüber bei armen Parteigenossen und Notstandsarbeitern Erregung. … (3.) Schw. Johanna (Schwester von Joseph Kückenhoff) hat abgelehnt, im BDM zu helfen (Bund Deutscher Mädchen, die weibliche Parallele zur männlichen HJ). (4.) Geistige Urheberin (Kenter II ist gemeint) der Frohschar, denn die geht vom Frauenbund aus. (5.) Treibende Kraft für alle Schwierigkeiten (mit) der Frauenschaft (NSDAP zugehörig). Bis dahin stand der Frauenbund nur auf dem Papier, dann wurde er Kampfbund. (6.) Kenter wusste ihre Wühlarbeit geschickt zu verschleiern. Es steht nämlich einwandfrei fest, dass sie die Konrektorin Köster, wie auch die Lehrerin Zimmermann davon abgehalten hat, der Frauenschaft beizutreten. Sie hat wörtlich zu ihnen gesagt: „Es darf sich keiner aufnehmen lassen, wie müssen in dieser Sache zusammenhalten.“ (7.) Sie hat den Deutschen Gruß bei Kückenhoff auf der Straße und sogar auf dem Schulplatz abgelehnt (erhobener rechterausgestreckter Arm und rechte Hand, über Kopfhöhe, dabei die Worte: „Heil Hitler“). (8.)... Von der Partei wird ihr deshalb das allergrößte Misstrauen entgegen gebracht. Denn sie bestätigt sich in der Öffentlichkeit nur, um zu hetzen oder um Uneinigkeit zu stiften. Durch ihre Eigenschaft und die Verwandtschaft mit mehreren Lehrern („im übertragenen Sinn“) hat sie Uneinigkeit auch unter die Lehrpersonen getragen. Aus allen diesen Gründen ist die Lehrerin Kenter für die Partei in Freienohl nicht mehr tragbar. Ich bitte dringend darum zu veranlassen, dass sie weit genug von hier versetzt wird, damit sie ihren unheilvollen Einfluss nicht weiter ausüben kann.“
Freienohl, am 28. März 1935: der Amtsinspektor Korbmacher schreibt:
„Es erscheint der Maurer Adalbert Korte zu Freienohl wohnend und trägt vor: „Am letzten Sonnabend war allgemeiner Wandertag für die Schulkinder. Die Schulkinder der Klasse von Fräulein Kenter haben mit dieser einen Ausflug nach Wallen gemacht. Zu dieser Wanderung beabsichtigten die Kinder, einen Hakenkreuz-Wimpel mitzunehmen. Fräulein Kenter soll gesagt haben, der Wimpel sei zu schwer und soll derselbe in ein Haus gestellt worden sein. Die Lehrerin habe gesagt, sie könnten wohl einen Wimpel Blauweiß mitnehmen. Die Kinder haben das Lied angestimmt „Durchs Sauerland marschieren wir“, worauf Fräulein Kenter gesagt haben soll, es würden keine Marschlieder sondern Wanderlieder gesungen. Ich bringe diese Sache hiermit zur Anzeige und bitte um Anstellung weiterer Mitteilungen.“
Der Brief vom Hauptwachtmeister Stahl:
Freienohl, den 5. April 1935: An die Polizeiverwaltung in Freienohl: „Seit ungefähr 14 Tagen besteht in Freienohl eine Vereinigung „Frohschar“. Gründer derselben ist der Pfarrer Gerwinn in Freienohl, welchem angeblich von seiner vorgesetzten, bischöflichen Behörde die Gründung der Frohschar empfohlen worden ist. Als Leiterin der Frohschar wurde von Pfarrer Gerwinn die Haustochter Else Hehmann in Freienohl bestimmt, welche gemeinsam mit der Fürsorgeschwester Irmfrieda den Verein leitet. Es fand bisher eine Zusammenkunft der Frohschar statt und zwar am 28.3.1935 im Schwesternhause, woran etwa 20 Mädchen teilnehmen. Während dieser Veranstaltung, welche ungefähr 1 ½ Stunde dauerte, wurden Spiele aufgeführt und gesungen. Wie ich von der Leiterin Hehmann erfuhr, sollen später auch religiöse Vorträge gehalten werden. Weiter habe ich festgestellt, dass bis jetzt 39 über 10 Jahre alte Mädchen aus den oberen Schulklassen der Frohschar beigetreten sind. Auch habe ich erfahren, dass 7 von diesen Mädchen, welche heute noch dem BDM angehören, aus diesem austreten wollen und zwar mit der Begründung, dass bei der Frohschar keine Beiträge erhoben und ihnen dort dasselbe geboten würde wie bei dem BDM. Von einem Kinde wurde berichtet, dass die Frau des Dr. Dehen ihnen versprochen habe, dass sie auch wie bei dem BDM weiße Blusen tragen dürften und auch Wanderungen gemacht würden. Zur Werbung für die Frohschar wurden von der Fürsorgeschwester Irmfrieda die Schülerinnen Therese Feldmann und Angelika Figge beauftragt, wozu letztere zum BDM gehört und alleine 19 Schülerinnen zur Aufnahme bei der Frohschar bewogen hat. Die Schülerin Else Winterhoff ist bereits aus dem BDM ausgetreten. Ob und wie die Lehrerin Kenter bei der Gründung der Frohschar beteiligt war, konnte ich nicht feststellen. Es ist aber mit aller Bestimmtheit anzunehmen, dass sie wie bei der Gründung anderer derartiger Vereine ihre Hand im Spiel hatte. Da die Kenter weiß, dass sie sich als Beamtin in dieser Weise nicht öffentlich betätigen darf, liegt die Vermutung nahe, dass ihre Mitwirkung in versteckter Form geschehen ist. Der Leiter der Schule, Rektor Breitenbach, der von der Gründung der Frohschar vorher nichts wusste, hat nach Bekanntwerden eine gründliche Untersuchung der Angelegenheit vorgenommen. Auf sein Zureden sind 6 Mädchen aus der Frohschar wieder ausgetreten. – Über die Mitführung des Hakenkreuz-Wimpels bei einer Wanderung habe ich folgendes festgestellt: An einem Wandertag im September vorigen Jahres wurde von den Mädchen der Klasse Kenter ein Halenkreuz-Wimpel mitgebracht. Die Klasse führte diesen an der Spitze des Zuges mit durch den Ort bis zur Rümmecke. Dort wurde er auf Geheiß der Lehrerin Kenter bis zur Rückkehr in einem Hause bei der Familie Schröer untergestellt. Die Lehrerin soll als Grund angegeben haben, es sei kalt, der Wimpel würde den Kindern beim Streifen durch den Wald hinderlich sein und wäre auch zu schwer. Einige Kinder, die absolut darauf bestanden hätten, den Wimpel weiter mitzuführen, hätten sogar geweint, wie ihnen dieses verboten wurde. Ferner hat ein Mädchen ausgesagt, dass ihnen auf dieser Wanderung das Singen des Liedes „Durch’s Sauerland marschieren wir“ von der Lehrerin Kenter verboten worden sei mit dem Hinweis, dass nur Wanderlieder gesungen werden dürften. Ob die Lehrerin Kenter gesagt hat, dass blauweiße Wimpel mitgeführt werden dürften, konnte ich nicht feststellen. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass die Kenter eine ausgesprochene Gegnerin des heutigen Systems ist, welches sämtlichen Parteigenossen zur Genüge bekannt ist. So erwidert sie noch nicht einmal dem Ortsgruppenleiter Kückenhoff den Deutschen Gruß, obgleich ihr Kückenhoff seit langen Jahren bekannt ist und nie etwas Persönliches mit ihr gehabt hat. gez. Stahl, Hauptwachtmeister.“
Siehe auch ausführlicher Kapitel 22 und 23 im Groß-Text „Frau, Frauen in Freienohl“ mit Quellen von Heinrich Pasternak.
Am 29. April 1935: Auf Vorladung erscheint die Lehrerin Franziska Kenter und sagt,... Im vorigen Jahre, den Zeitpunkt kann ich nicht mehr genau angeben, fand eine Schulwanderung statt und zwar führte ich die Mädchen-Mittelklasse des V. und VI. Schuljahres. An der Spitze wurde ein Hakenkreuz-Wimpel geführt und zwar von der Schule aus Freienohl zur Rümmecke. Hier habe ich angeordnet und zu dem Kinde gesagt, es möge der Wimpel hier in ein Haus gestellt werden, da wir gleich in den Wald kämen und derselbe beim Streifen durch den Wald hinderlich sei. Wir kämen denselben Weg zurück und würden denselben dann bei unserem Rückzug in Freienohl zur Schule wieder mitführen, was auch geschehen ist. Ich habe mir hierbei weiter nichts gedacht und nur im Interesse der Kinder gehandelt. Dass hierüber ein Kind geweint haben soll, ist mir nicht bekannt, dieses halte ich aber auch für ausgeschlossen. Es ist mir auch nicht erinnerlich, dass ich den Mädchen das Singen eines Liedes verboten habe, auch die Kinder können sich dessen nicht erinnern. Ein blauweißer Wimpel ist bei unseren Wanderungen nie mitgeführt worden... Alle gegenteiligen Anwürfe muss ich mit Entrüstung zurückweisen. Seit Gründung bin ich Mitglied des NS-Lehrerbundes. – gez. Franziska Kenter - gez. Korbmacher, Amtsinspektor.“
Lehrerin Franziska Kenter II ist 1935, 50-jährig, zur Strafe nach Kallenhardt versetzt worden. Auszug aus der „Schul-Chronik I“: „Am 4. Juli 1935: Frl. Lehrerin Kenter ist erkrankt und muss vom 14. Juni bis 30. Juni vom Kollegium vertreten werden.“ - „Am 1. Juli: Lehrerin Franziska Kenter II ist durch Verfügung der Regierung ab 1. Juli im Interesse des Dienstes nach Kallenhardt Kreis Lippstadt versetzt. Soweit Lehrerin Kenter II.
Nun mehr als ein anderer Akzent:
Freienohler mussten aus politischen, parteipolitischen Gründen: Kommunistische Partei Deutschland - KPD ins Arbeitslager, KZ, ins Gefängnis der Gestapo (Geheime Staatspolizei). Auch nach der Haft werden einige das „Lied der Moorsoldaten“ vom KZ Börgermoor im Emsland gesungen haben.
Name | Geb.Datum | Haft | Von - bis |
Bürger, August Bürger, Klemens Hunold, Otto Klauke, Ewald Klauke, Heinrich Kossmann, Karl Latzer, Josef Pinke, Josef Schwefer, Emil |
28.12.1899 30.6.1908 18.4.1894 20.9.1885 1.12.1901 ? 2.4.1901 26.4.1901 |
Arnsberg, KZ Börgermoor KZ (Ort nicht genannt) Arnsberg, Witten Arnsberg Arnsberg,Hamm.Hagen,Arnsberg Freienohl, Arnsberg, KZ Oranienburg Arnsberg Arnsberg Arnsberg |
1.10.33 – 24.12.33 18.4.34 – 10.2.35 28.2.33 – 31.8.33 28.2.33 – 2.6.33 28.2.33 – 19.2.35 28.2.33 – 19.6.33 1.11.33 – 10.6.34 ? 28.2.33 – 31.5.33 ?. 12.34 - ?.1.35 |
Zwei „gichtkranke“ listige Frauen vermeiden den Hitlergruß, ehemalige Schülerinnen von Fräulein Kenter II:
Beim sich Erinnern an Fräulein Lehrerin Franziska Kenter II und an die Nazi-Zeit fallen älteren jetzigen Freienohlerinnen (2015) diese Begebenheit ein. Ihr Name sei hier nicht genannt: Da wurden 2 Frauen beim Freienohler Bürgermeister angezeigt, sie machen keinen „richtigen Hitlergruß“ Sie erheben ihren rechten Arm mit ausgestreckter Hand nicht ganz gerade und hoch und sagen nicht richtig „Heil Hitler“. Der Bürgermeister gab den Vorwurf weiter nach Arnsberg und die Frauen mussten zum Amtsgericht. Dort sollten sie den Hitlergruß einmal vormachen. Fast wörtliche Rede: Das schafften sie nicht. Kaum bis zur Gürtellinie. Ihr Gesicht verzerrte sich schon. Sie seien auch älter und sie hätten Gicht in den Armen. Der Richter war oder schien sehr beeindruckt zu sein. Und die Frauen konnten unbestraft wieder zurück in die Freiheit Freienohl.
Fronleichnamsprozession mit Pfarrer Gerwinn
1939, 5. Juni: „Durch Verfügung II U 2 vom 31.5.1939 hat der Herr Regierungspräsident die folgende Anordnung des Herrn Oberpräsidenten bekannt gegeben (für die Volksschule Freienohl): Am Fronleichnamstage dieses Jahres findet planmäßiger Unterricht statt. Um den katholischen Lehrern und Schülern die Möglichkeit zu geben, den Gottesdienst zu besuchen, fällt für sie der Unterricht in der ersten Stunde aus. An Schulen, die auch von nichtkatholischen Lehrern und Schülern besucht werden, fällt der Unterricht in der ersten Stunde auch für diese aus, wenn nach Ermessen des Schulleiters ein fruchtbringender Unterricht für sie nicht möglich ist… Auf die genaueste Befolgung dieser Anordnung weise ich nachdrücklich hin. In der hiesigen Schule beginnt der Unterricht am Fronleichnamstage um 9 Uhr.“
1940, 10. Mai vom Oberpräsidenten der Provinz Westfalen, Münster; über den Herrn Regierungspräsidenten der Provinz, Arnsberg, am 12. Mai 1940;über die hauptamtlichen Bürgermeister am 15. Mai 1940 an die Pfarrer: „Im Hinblick auf die gegenwärtige Lage müssen bis auf weiteres im Bereich der Provinz Westfalen alle öffentlichen Umzüge unterbleiben. Darunter fällt grundsätzlich auch die diesjährige Fronleichnamsprozession. Es ist jedoch nichts dagegen einzuwenden, wenn die Prozession in Form eines Umganges um das Kirchengebäude abgehalten wird, soweit nicht eine akute Luftgefahr vorliegt.“ („Luftgefahr“: Flugzeug-Angriff mit Bomben.Abwurf)
1941, 19. Mai, ein Text vom Landrat. Pfarrer Gerwinn macht die Anmerkung: „Ein Umzug um die Kirche kommt hier wegen der Beschränktheit der Mauer nicht in Frage. Infolgedessen fallen in diesen Wochen die Prozessionen aus.“
1942, 1. Juni: Die Geheime Staatspolizei Dortmund an die Landräte usw. bis zur Ortspolizei: „Eilt sehr! Vertraulich!“ Klar, der Fronleichnamstermin steht fest. Es geht um „die Verordnung über die Handhabung des Feiertagsrechtes während des Krieges… Ich ersuche, die Veranstaltungen der Kirchen sowohl am Donnerstag, dem 4.6.1942 als auch am Sonntag, dem 7.6.1942 zu überwachen. Die Überwachung bezieht sich auch auf die Beteiligung am Gottesdienst, sowie auf die angesetzten Feierlichkeiten. Insbesondere ist darauf zu achten, ob von den Geistlichen die Verlegung und die damit verbundenen Feierlichkeiten innegehalten werden. Bei festgestellten Verstößen bitte ich den Namen des verantwortlichen Geistlichen anzugeben. Um Bericht bis zum 13.6.1942 – genau - … Fehlanzeige ist erforderlich.“
1942, 8. Juni: Amt Freienohl: „Fehlanzeige“.
1945, 1. Mai: Pfarrer Gerwinn an das Bürgermeisteramt in Freienohl: „Seitens der Mitglieder der hiesigen Pfarrgemeinde ist mir wiederholt der lebhafte Wunsch ausgesprochen worden, dass die drei seit Jahrhunderten üblichen Prozessionen, die in den letzten 6 Jahren verboten waren, wieder gehalten werden möchten… (Die 3 Prozessionen werden mit den entsprechenden Terminen aufgeführt.) Es wäre wünschenswert, wenn für diese 3 Tage die Zeit zur Benutzung der Straße auf morgens 6 Uhr heraufgesetzt würde, damit der Gottesdienst zeitiger beginnen kann.“
1945, 9. Mai 00.01 Uhr: Die deutsche Kapitulation tritt in Kraft. Ende der NS-Zeit.
Ganz anders die Jahre danach. Ein paar Tage vor der Prozession (auch vor der „Küppel-Prozession“) ein Informationsbrief an die Polizei-Freienohl vom MM (Ministranten-Meister Heinrich Pasternak, bis zu seiner Entlassung 2010):
Freienohl, 11.04.2002: Polizei – Dienststelle Freienohl: Herrn Schillheim Betr.: Fronleichnamsprozession, 30. Mai 2002 Sehr geehrter Herr Schillheim, im Auftrag von Herrn Pfarrer Hammerschmidt bitte ich Sie um Ihre Hilfe bei unserer Fronleichnamsprozession am Donnerstag, dem 30. Mai 2002. Die Hl. Messe beginnt in der St. Nikolaus-Pfarrkirche um 9.00 Uhr und endet etwa um 9.50. Dann beginnt sofort die Prozession. Die Strecke: Ausgang Hauptportal / Treppen Hauptportal / Nikolausstraße / Hauptstraße / Marktplatz : Schweiers Kreuz = 1. Station / Bergstraße (vom Einbiegen in die Hauptstraße und dann vom Marktplatz in die Bergstraße dürfte Ihre Hilfe sinnvoll sein) Stückelhahn : 2. Station / Prozessionsweg : Kreuzweg / Bergmecke-Kreuz : 3. Station / Urbanusstraße / Alter Weg : 4. Station / Hauptstraße (ab hier wieder Ihre Hilfe bis zum Einbiegen in die Nikolausstraße; Uhrzeit etwa 11.10 Uhr, Dauer 10 Minuten) / Treppen Hauptportal / Hauptportal Kirche. An der Spitze der Prozession gehe wieder ich, am Schluss 2 von mir beauftragte Ministranten mit den roten Prozessionsfahnen. Mit freundlichem Gruß
Drittens: Pfarrer Gerwinn, der Hirte der Freienohler Juden, ihr Wohnhaus in Freienohl, ihre Flucht, ihre Ermordung im KZ
Die Wohnhäuser unserer Freienohler Juden
Hauptstr. 31: Debora Funke geb. Emmerich, geb. 1881 in Freienohl, vergast im KZ Auschwitz behördlich als tot erklärt zum 8. Mai 1945. Sie war in Arnsberg verheiratet mit Max Funke, geb. 1867, gest. 1943 in Dinxperlo / Niederlande. Ihre Eltern: Alexander Emmerich verheiratet mit Jettchen Rosenthal, deren Kinder: Wilhelm, Alma, Debora, Julius, Alfred.
Bergstr. 9: Meier Max Jacob (Jacob = Nachname), geb. 1885 in Freienohl, verheiratet 1910 mit Jenny Grüneberg, geb. 1883 in Allendorf; deren Kinder: Erich, Henriette, Ilse, Werner und Grete Fanny Jacob, geb. 1921 in Lenhausen (dorthin war die Familie etwa 1910 umgezogen); Grete Fanny Jacob wurde mit 21 Jahren im November 1942 im KZ Lublin vergast; ihre Eltern wurden vergast im KZ Lublin zwischen 1943 – 1945.
Hauptstr. 3: Henriette Nathan geb. Hertz und ihre Tochter Hilde Fanny Nathan. Henriette Nathan geb. Hertz, geb. 1885 in Grevenbroich bei Köln, verheiratet mit Joseph Nathan, geb. 1882 in Beelen / Warendorf, gest. 1931 in Freienohl; ihre Tochter Hilde Fanny Nathan, geb. 1909 in Freienohl. Mutter und Tochter sind 1931 umgezogen nach Köln. Von Köln werden beide 1939 deportiert ins KZ Litzmannstadt / Lodz und werden dort vergast; ihr Sterbedatum ist unbekannt. Behördlich werden sie zum 8. Mai 1945 für tot erklärt.
Bergstr. 9: Rosalie Jacob, geb. 13.9.1886 in Freienohl, in Düsseldorf verheiratet mit Karl Winter mit ihren beiden Kindern Rolf und Adolf Winter; als verschollen erklärt zum 1. November 1941, als durch das Nazi-Regime für tot erklärt zum 8. Mai 1945.
Drittens: Schalom unserer Gerwinn-Straße!
Plus Dank unseren Freienohler Politikern, unseren politisch engagierten Freienohlern rund um 1974, 1975! Denn in diesen Monaten der politischen Neugliederung, Neuordnung wurde unsere politische Gemeinde Freienohl eingegliedert, eingeordnet in die Kreis- und Hochschulstadt Meschede. Und erhielt neue Straßennamen. Zum Beispiel: wegen KAS, - wegen unserer Konrad Adenauer Schule: Konrad-Adenauer- Straße, wegen unserer Partnerschaft mit Cousolre in Frankreich: Cousolre-Straße, und dann selbstverständlich: Kurt-Schumacher-Straße. Doch die exquisite Auswahl und Leistung war: Gerwinn-Straße.
Und das Zitat der Einleitung ist wahr: „Geschichte liegt nicht hinter uns. Geschichte leigt vor uns. Geschichteist der Humus, auf dem die Zukunft wächst“. Dank unseres Pfarrers Ferdinand Gerwinn brauchen wir Freienohler keine „Stolpersteine“, - wie zum Beispiel Meschede -, wir haben unsere Gerwinn-Straße!
Und wir feiern in unserer Bundesrepublik Deutschland Jahr für Jahr am 27. Januar unseren „Tag des Gedenkens an die Opfer der Nationalsozialismus“.
Noch etwas mehr als ein Anhängsel: eine inhaltlich deutlich positionierte Gedenktafel köntte von fördernden Freienohler Vereinen und Gruppen aufgestellt werden vor den Bäumen beim Zusammenkommen unserer geschichtsträchtigen Straßen: Alter Weg – Brunnenstraße – Hauptstraße (und nicht im Schatten der Gedenksäule des Deutsch-Französischen Krieges 1870-71).
Mahnmal Wir Freienohler gedenken! Denkmal
Machtmissbrauch vom Nazi-Regime 1933 - 1945 |
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Heinrich Pasternak. 8.1.2021