Die Corona-Epidemie überleben dank unseres Waldfriedhofs,

auch mit der Barmherzigen Schwester Isidora

Ein Wald für Frieden, freilich: für einen geheimnisvollen Frieden. Freienohler leben, erleben so unseren Waldfriedhof inmitten der symbolträchtigen Bäume.

Einleitend sind aus historischen Gründen noch vor Corona diese Daten genannt. Die werden nach dem Corona-Abschnitt knapp erläutert: „Die große Pest“: 1636; „Ruhr-Epidemie“:1857; „Typhus-Epidemie“: 1882; Cholera 1892.

Auf unserem Waldfriedhof: auch schon vor der Corona-Epidemie zahllose Bäume, kleine und große, junge und alte, wunderbar entfaltete, großartig gewachsene und kümmerlich verkrüppelte... zahllos wie unsere Verstorbenen plus den Tag für Tag Besuchenden (denn die Zahl der hier Bestatteten weiß ja die Behörde).

Zuerst geht’s zum Grab der Lieben, der lieben Verstorbenen. Auch dank und mithilfe einer grünen Gießkanne des Bestattungsinstituts Martina und Udo Klute oder mit einer Orange-Kanne unseres Fördervereins Freienohl... Hier zum Grab mit ganz bestimmten, symbolträchtigen Blumen und Pflanzen. Das Grab nebenan sieht ganz anders aus, auch sehr gepflegt, nur mit Steinen, kleinen und etwas größeren, verschiedene Sorten, unterschiedlich geordnet... Auch ein Bild unseres menschlichen Lebens!

Danach geht’s zu den 3, 5, 7 Stationen der verstorbenen Freunde, Freundinnen: dankbare Erinnerungen, traurige, liebe, zärtliche, manchmal ganz wörtlich: „Kümmer dich vom Himmel her um..... ihr / ihm geht es hier gar nicht gut!“

Weiter geht es zur Bank. Nicht zur brauen Bank mit ihren 3 Meter Abstand – auch noch von vorne! – zu den beiden Müll-Containern. Wer hat das bloß bewerkstelligt? Vom Schreibtisch aus eine Behörde der Kreis- und Hochschulstadt Meschede? Die Aufsteller der Müll-Container brauchten eine Sitz-Pause? Nana. – Also hin zur weißen Bank.

An der weißen Bank ging’s gleich los. Hier saßen, standen 3, 4 Freienohler*innen. Namen werden nicht genannt. Die meisten kannten sich sowieso. „Bei unserem neuen mustergültig hergerichteten Friedwald: Von wem lassen Sie Ihre Asche zerstreuen? Von Martina (alle kannten unsere Frau Bestattungsmeisterin) oder vom Pastor?“ – „Stimmt nichts davon! Ist alles menschenwürdig., bestattungswürdig geordnet: die Asche wird nicht verstreut. Die Asche ruht in einer sich selbst auflösenden Urne. – „Der Baum ist Grab und Grabmal zugleich. Er nimmt die Asche mit den Wurzeln auf als Sinnbild des Lebens über den Tod hinaus.“ – Nebenbei: www.domradio.de/themen/vatikan/2016... – Und. DBK: Instruktion 2016...

- An einem anderen Treff-Tag erzählte jemand. Da haben 3 Freienohler einige Taler zusammengelegt. Sie wollen sich oberhalb unseres Waldfriedhofs ein kleines Grundstück kaufen und darauf eine kleine Grab-Pyramide errichten lassen, 50 mal 5o mal 10 Meter, mit einem Mini-Schacht von oben für Urnen. Ein Freienohler grinste: „Quatsch!“ – Eine Frau schloss mit der weiblichen Mode-Vokabel: „Genau!“

Ein anderes Mal und dann fast immer wieder: Von der jetzigen Corona-Pandemie zur damaligen Seuche auch bei uns in Freienohl. Anfangs wurde oft der römische Dichter Ovid zitiert: „Tempora mutantur et nos mutamur in illis. – Die Zeiten ändern sich und wir in ihnen.“ Ovid starb 17 n. Chr. Das zeigt das ziemlich unterschiedliche katholische Christen-Leben. Jetzt zur Corona-Zeit gehen wegen Corona vor allem 60-Jährige, 70-Jährige, 80-Jährige, 90-Jährige nicht zur Sonntags-Messe. „Kein Bischof, kein Pastor schimpft über uns.“ So ein Waldfriedhof’ler. „Eigentlich erst seit Corona bin ich sonntags im Fernsehen in meiner ganz neu erlebten Sonntags-Messe dabei. Danke Corona!“ Ein anderer: „Geht mir genauso. Mir fällt noch vom Katechismus-Unterricht ein: Geistliche Kommunion!“ - Wieder ein anderer: „Meine Messe beim Fernsehen verstehe ich jetzt auch viel besser; was der Priester da macht und sagt und wie er da spricht.“ - Info-Tipps: Internet + Fernsehen: DBK..., ktv, katholisch.de... – Eine ältere Dame, mit Garten-Werkzeug im Körbchen: „Mein Sohn geht wegen seiner Kleinen nicht zur Kirche, - aber vor Corona ist er auch nicht gegangen.“ ...

An einer Wegekreuzung unseres Waldfriedhofs standen 6 oder 7 nicht mehr ganz junge Herren, - ohne Garten-Werkzeug, einfach so. „Wir haben unser Jahrgangs-Treffen. Wir sind hier in Freienohl in derselben Klasse zur Schule gegangen.“ – „Nachmittags machen wir erst unseren Gedernk-Rundgang.“ – „Ob wir hinterher noch bei Luckai ‚vorbeigehen‘, Wissen wir noch nicht.“ Was diese Freienohler noch alles über ihre Lehrer wussten! Eine bewundernswerte Gedankenkette! Nachmachen! Auch machen!

Unser Corona-Waldfriedhof! - ...August 2020: noch kein Corona-Verstorbener.

Nun zur Typhus-Seuche 1882-1883 mit der Barmherzigen Schwester Isidora.      Wo ist denn hier ihr Grab? Diese Ordensschwester ist hier nicht bestattet, auch nicht auf unserem Alten Friedhof. Auch Nachforschungen blieben erfolglos. Sie wird im Himmel sein – im Kreis ihrer an Typhus erkrankten und gestorbenen Kinder. Für die Eltern ein Leben voller Angst. Der Pastor von Freienohl Johann Heinrich Adams war schon gestorben, am 11.8.1881 an Gehirnentzündung. Aus Rumbeck kamen zur seelsorglichen, - heute sagt man: pastoralen -, Vertretung Pfarrer Berens oder sein Kaplan Christian Bartels; wie oft und tagsüber wie lange usw. ist nicht aktenkundig.

Etwas zum Alltagsleben, wenn auch etwas später, ein paar Akten-Auszüge aus dem Protokoll der Gemeinde-Versammlung am 12. September 1888, TOP 4: Der Witwe Jürgenswurde vom 1. Mai an eine jährliche Wohnungsmiete von 21 Mark bewilligt. - Das heißt: aus der Gemeinde-Kasse bezahlt, von allen anderen Bürgern. - Trauungsregister: Heirat am 1.2.1845 Franz Jürgens mit Regina Mundaus Elleringhausen / Messinghausen. Sterberegister: Beilieger (Mieter) Franz Caspar Jürgens, Tagelöhner, geb. 5.8.1818; gest. 6.11.1864; unehel. Sohn der M.E. (?) gen. Brigitta Jürgens geb. 20.6.1789; hinterlässt die Ehefrau Regina Jürgens gest. 22.4.1889, geb. 1813; 1 Stieftochter der Mutter, 1 Schwester. 1880: Alte Haus-Nr. 80 (Franz Klute) / Friedhofsweg. - Ein gewiss nicht leichtes Leben... Der Winter hat schon angefangen: Brennholz zum Kochen und Heizen. Dazu: Protokoll der Gemeinde-Versammlung am 29. November 1889, TOP 5: „Es sollen je 3 Meter Reiser-Knüppel als Armenholz erhalten: Witwe Kloke, Witwe Hilgenberg, Witwe Eickhoff, Witwe Recke, Witwe Koester, Witwe Pöttgen und Franz Tebbe.“ -   Von diesen Beschlüssen der Gemeinde-Versammlung gibt es noch sehr, sehr viele durch die Jahre. Und wer heutzutage –im 21. Jahrhundert – im Winter zuhause gern am Kamin oder an einem entsprechenden modernen Kamin ähnlichen Ofen sitzt, lebt und sich dafür das Kamin-Holz beschafft, weiß, wie „kurzatmig“ Reiser-Knüppel sind! Mit Reiser-Knüppel war die Witwe wirklich arm dran. Sie –denn die Frau muss ja kochen. Morgens, mittags und abends wird heißes Wasser gebraucht... und Hitze, Wärme für das Bügeleisen usw.

Biographisch ist die Ordensschwester Isidora unbekannt.                         Aktenkundig zum ersten Mal bekannt ist sie am 13. September 1882.

Bekannt ist: sie lebt mit Typhus-Kranken, vor allem mit Kindern im Pfarrhaus und hilft ihnen

Worum die Männer sich kümmern, wobei ihnen ihre Ehefrauen gewiss helfen:

Am 25. September 1882: Aus dem Schreiben an den Landrat von Lilien in Arnsberg:

„Die anwesenden Ärzte Dr. Droste und Dr. Schleinitz bestätigen dem Amtmann Enser und dem Stellvertretenden Ortsvorsteher Johann Düring (es handelt sich um) die Krankheit Typhus. Die Reinigung der Gräben und Gossen (Gassen mit einem „Wassergraben“ an einer Seite) ist ausgeführt, die Untersuchung der Düngerstätten, Einfriedigung derselben durch dichte Mauern. Zur Verhütung des Abflusses auf die Straßen, die Untersuchung der öffentlichen Brunnen. -Die Wasserverhältnisse von Freienohl sind bekanntlich durch den Eisenbahn-Tunnelbau sehr nachträglich (nachteilig und negativ verändert).Gegenwärtig ist Hochstand des Wassers in den Brunnen, weder Mangel noch Versumpfung vorhanden. So muss dennoch ein aufmerksames Auge auf diesen Punkt zu richten sein und voraussichtlich wird die Lösung der Wasserversorgung für den Ort Freienohl für die Zukunft in den Vordergrund treten.“ - Gez. Kreisphysikus Dr. Liese, Arnsberg.

Am 16. Oktober 1882 erhält die Barmherzige Schwester Maria Isidora15 Mark für Reisekosten vom Ortsvorsteher Caspar Toenne. Ihre Reise-Strecke ist leider nicht aktenkundig.

Nachforschungen haben ergeben: Diese Ordensschwester: Barmherzige Schwester Maria Isidora war keine Vinzentinerin aus Arnsberg und bei den Clemens-Schwestern in Meschede (über Ordensleitung in Münster) ist sie auch nicht aktenkundig. Angemerkt sei, die Akten der Ordensleitungen jener Jahre können auch unvollständig sein, Lücken haben, wie die angeschriebenen (angemailten) Ordens-Archive (Ordensschwestern) mitgeteilt haben.

Am 30.Oktober 1882 erhält C. Toenne aus der Gemeinde-Kasse: 1.) 73,68 Mark für die Beköstigung der Barmherzigen Schwester Maria Isidora; 2.) für Suppen-Lieferung, zur Bereitung der Kranken-Suppe mit 86,60 Pfund Rindfleisch von Teipel zu Arnsberg mit dem Betrag 51,60 Mark; die kranken Kinder werden genannt, auch wie viel und wie oft sie Suppe erhalten; Zeitraum: vom 13. September bis 12. Oktober 1882.

Im Sterberegister sind auffällig die verstorbenen Kinder; der mögliche Grund Typhus ist nicht notiert. Doch hier ist gewichtig das Gedenken an die Mütter. Und: lebt das Kind zu Hause oder im Pastorat? Das ist nicht aktenkundig. Denn am 20. April 1883 aus einer Information vom Amtmann Enser an den Landrat in Arnsberg: Weil das Pastorat zur Zeit unbenutzt war, waren die Typhus-Kranken und auch die Barmherzige Schwester Maria Isidora im Pastorat untergebracht. (Freienohl-Archiv-Akten A 1794)

Beim „Lesen zwischen den Zeilen“ taucht der Gedanke auf: Diese Barmherzige Schwester Maria Isidora war ganz selbstverständlich da. Und weil das Wort „Barmherzige...“ nicht den Ordensnamen bedeutet, kann das Wort „barmherzig“ im ursprünglichen Sinn gemeint gewesen sein: barmherzig.

Nun zum aktenkundigen Anfang der großen Krankheiten:                                     „Die große Pest“: 1636. Der Name ist aktenkundig. Auch die Jahreszahl während des Dreißigjährigen Krieges 1618 – 1648. Doch nichts Korrektes vom „Inhalt“ dieser Pest. Das im Stadtarchiv Meschede in Grevenstein einsehbare Freienohler Sterberegister beginnt erst 1688. Ein Register der Rauchschatzung mit Namen von 53 Freienohler Familien vom 10.7.1664, also schon 30 Jahre später, steht bei Dr. Manfred Wolf: Freiheit Freienohl, Seite 34. – Bemerkenswert ist noch dies: In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden diese „Geschichten“ entwickelt (Namen seien hier aus Höflichkeit nicht genannt): Aus Angst vor Ansteckung seien die Pest-Verstorbenen außerhalb von Freienohl auf den Hohlknochen bestattet worden. Wegen der begrabenen Knochen heiße der Ortsteil Hohlknochen. Jenen Heimatkundlern war wohl noch unbekannt: Karl Schiller und Antonius Lübben: „Mittelhochdeutsches Wörterbuch“, 1875-1881, S. 285, inzwischen: www.mediaevum.de. Und Johann Georg Krünitz: „Oekonomische Enzyklopädie“, 1773-1858; in zwischen „Krünitz Online“. So wird Hohlknochen korrekt ohne h geschrieben (so in einer Freienohler Urkunde vom 15.6.1771, PfA A2); und meint Loch für den Wasserdurchfluss, bei uns in Freienohl das inzwischen stille Mondsiepen.

Die „Rote-Ruhr-Epidemie“ 1857 – 1858. Die konkreten Zahlen aus dem Groß-Text „Eine Apotheke benötigt Freienohl“ garantieren gewiss Empathie. – Einwohnerzahlen der Gemeinde Freienohl: Jahr 1818 = 824 Einwohner; 1831 = 1029; 1849 = 1087; 1852 = 1062; 1855 = 1094; 1871 = 1154; 1885 = 1^382; 1895 = 1523; 1900 = 1663. – In den Gemeinde-Protokollen vom 7. September 1857 steht diese Liste: Name des Vaters und des / der Erkrankten Name und Lebensalter (der Erkrankte muss nicht Verstorbensein bedeuten; die Namen sind hier ausgelassen stehen in „Eine Apotheke...“: nicht aktenkundig ist der Termin-Anfang der Liste): Geburt – 10 Jahre: 58; 11 – 20 Jahre: 33; ab 21 Jahre: 31. – Für die Gemeinde Freienohl sind aktenkundig am 9.2.1858: 164 Ruhr-Erkrankte, davon 44 Verstorbene und 120 wieder Genesene. – Eigenartig: die Verstorbenen im Freienohler Sterberegister für die Kalenderjahre 1857 und 1858; die Todesursache ist nicht immer angegeben, hier immer ausgelassen, auch die Namen und Altersangaben: 1857 = 77; 1858 = 17 Verstorbene.

 

Die „Typhus-Epidemie 1882 – 1883“ mit der Hilfe von Schwester Isidora; siehe oben.

 

Cholera 1892. Aus dem Gemeinde-Protokoll Freienohl vom 16. August 1892 TOP 1: „Falls die Cholera in hiesiger Gemeinde zum Ausbruch kommen sollte, soll das hiesige freiliegende Schützen-Zelt (im Langel 1 – 3 gegenüber der jetzigen Firma Bredt Galvanik und Eloxalbetrieb: früher alte Schützenhalle) zur Aufnahme der Cholera-Kranken verwendet werden, vorausgesetzt, dass die Schützengesellschaft ihre Einwilligung dazu erteilt. Verneinenderfalls (!) verpflichten wir uns (Gemeinde-Vertretung), eventuell auch den freien Platz neben dem Schützen-Zelt binnen 24 Stunden eine Cholera-Baracke auf Gemeinde-Kosten zu errichten. 100-prozentige Karbol-Säure ist noch in genügender Menge vorhanden – Noch mal gutgegangen.“ - Archiv Freienohl AA 411. – Mehr ist zu dieser Cholera-Information nicht aktenkundig. Auch nicht im Sterbe-Register

Zugespitzte Zusammenfassung

Corona plus unser Waldfriedhof plus Barmherzige Schwester Isidora eröffnet mehr Wahrnehmbares als wissenschaftliches Wissen, nämlich durch und durch religiöses Glauben, - nicht mit dem alltäglichen Geplapper „ogoddo-goddo-god“, sondern mit dem Grundwort, Ursprungswort von „Hallo“, oder sogar „Hallöchen“, geschichtlich auffindbar im ältesten Buch menschlicher Geschichte, in der Bibel, im Alten Testament mit dem letzten Wort der Psalmen: „Halleluja“.                                                 Komisch im Sinn von kopfnickendem Schmunzeln.

Heinrich Pasternak, August 2020