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Typhus-Seuche in Freienohl 1882 - Von H. Pasternak
Typhus-Seuche in Freienohl
und die Barmherzige Schwester Isidora
– im leer stehenden Pastorat
– ihr intensives Engagemen um 1882, 1883...
Thyphus-Seuche in Freienohl! Erschütterndes Familienleben! Rätselhaft durch und durch! Damals! Keine Medien-Erfahrung wie heutzutage. Und dann eine Ordensschwester, volkstümlich: eine Nonne, im leerstehenden Pfarrhaus, damals „die Pastorat“ genannt. Ob die Typhus-Erkrankten Kinder, jungen Leute, Väter, Mütter auch im Pastorat versorgt, gepflegt, auf ihr Sterben, ihren Tod vorbereitet werden sollten, ist nicht bekannt, nicht aktenkundig.
Auch nicht aktenkundig ist der bürgerliche Nachname von Schwester Isidora, nicht ihr Lebensalter, nicht ihre Herkunft, nicht: zu welchen Barmherzigen Schwestern sie gehörte. Im Internet gibt es 8 verschiedene Ordensgemeinschaften: Barmherzige Schwestern. Nachforschungen haben ergeben: Sr. Isidora war keine Vinzentinertin aus Arnsberg und keine Clemens-Schwester in Meschede; über die Ordensleitung in Münster, noch mit einer Anmerkung: die Akten der Ordensleitung jener Jahre können auch unvollständig sein. Lücken haben. Vielleicht stammt Sr. Isidora aus der zuständigen Bischofsstadt Paderborn. Nachfragen in Ordens-Archiven und im EBAP, im Erzbischöflichen Archiv Paderborn, natürlich auch im Pfarr-Archiv St. Nikolaus Freienohl, im Archiv Freienohl und in Arnsberg: kein Ergebnis. Kein frommes Augenzwinkern: Sr. Isidora – im Himmel – wird schmunzeln. Sie hat bei uns in Freienohl nicht nur gelebt, die barmherzige Barmherzige Ordensfrau Sr. (lat.: Soror) Isidora. Sie hat hier gearbeitet. Ihre Oberin wird auch dafür gesorgt haben, dass Sr. Isidora ein zweites Ordensgewand im Gepäck hat. Auch nach der Wäsche wird das Pletten, das Bügeln nicht einfach gewesen sein; vielleicht hat der Freienohler Schmied Düring für ein ordentliches Bügeleisen gesorgt. Ganz anders als heutzutage; vielleicht gibt es in einem – baldigen – Freienohler Heimatmuseum solch ein Bügeleisen zu besichtigen; nur bitte nicht zum Ausprobieren. – Die Schmiede-Familie Düring lente damals – natürlich - in der Düringstraße, inzwischen – Psychopolitik – Brunnenstraße. – Ein kurzer aktenkundiger Exkurs: die Düring-Straße hieß auch mal „Dritte Straße; die Erste Straße oder Östliche Straße ist die Bergstraße; die Mittlere oder Mittelstraße: St. Nikolaus-Straße.
Die Ursachen der Typhus-Epidemie – ganz allgemein – kennt Wikipedia. Für Freienohl ist aktenkundig: Die Typhus-Seuche kann aufgrund Freienohler Archiv-Akten entstanden sein wegen fehlenden frischen Wassers in den Hausstätten,. Denn 1880, 1881 ist der Eisenbahntunnel gebaut worden. Danach fehlten unerwartet, ziemlich plötzlich die Siepen, kleinen Bäche zu den Wohnhäusern. Das Wasser-Rohr-System gab es damals noch nicht in Freienohl. – Aus den Freienohler Gemeinde-Protokollen vom am 25. September 1882, aus dem Schreiben an den Landrat von Lilien in Arnsberg: „Die anwesenden Ärzte Dr. Droste und Dr. Schleinitz bestigen dem Amtmann Enser und dem Stellvertretenden Ortsvorsteher Johann Düring die Krankheit Typhus. – Die Reinigung der Gräben und Gossen (ursprünglich Gassen; Straßen, nicht negativ gewichtet) ist ausgeführt, die Untersuchung der Düngerstätten, Einfriedigung derselben durch dichte Mauern. Zur Verhütung des Abflusses auf die Straßen, die Untersuchung der öffentlichen Brunnen. Die Wasserverhältnisse von Freienohl sinf bekanntlich durch den Eisenbahn-Tinnelbau sehr nachträglich (nachteilig und negativ verändert). Gegenwärtig ist Hochstand des Wassers in den Brunnen, weder Mangel noch Versumpfung vorhanden. So muss dennoch ein aufmerksames Auge auf diesen Punkt zu richten sein und voraussichtlich wird die Lösung der Wasserversorgung für den Ort Freienohl für die Zukunft in den Vordergrund treten.“ gez. Kreisphysikus Dr. Liese, Arnsberg.
Und für die barmherzige Krankenschwester Isidora stand leer das Pfarrhaus. Pfarrer Johann Heinrich Adams war am 11. August 1881 gestorben an ein er Gehirnentzündung. Pfarrer Adams stammt aus Paderborn, ist dort auf dem Gymnasium zur Schule gegangen. Vielleicht gab es Beziehungen, Kontakte zu Sr. Isidora. - Der nächste in Frei9enohl sesshafte, im Pfarrhaus lebende Pfarrer Julius Falter kam erst im September 1884 nach Freienohl. Zwischendurch übernahmen die Pastoral-Vertretung (Gottesdienste, Sakramenten-Spendung, Verstorbenen-Bestattung) aus Rumbeck Pfarrer Berens, seine Kapläne Christian Bartels und Anton Meyer; sie blieben wohnhaft in Rumbeck.
Am 16. Oktober 1882 erhält die Barmherzige (großgeschrieben, also offizieller Titel) Schwester Maria Isidora 15 Mark für die Reisekosten vom Ortsvorsteher Caspar Toenne. Ihre Reisestrecke ist nicht aktenkundig, weil alle Bescheid wissen.
Am 30. Oktober 1882 erhält Caspar Toenne aus der Gemeindekasse: 1.) 73,68 Mark für die Beköstigung der Varmherzigen Schwester Maria Isidora; 2.) für Suppen-Lieferung, zur Bereitung der Kranken-Suppe mit 86.60 Pfund Rindfleisch von Teipel zu Arnsberg mit dem Betrag 51,60 Mark; die kranken Kinder werden genannt, auch wie viel und wie oft sie Suppe erhalten; Zeitraum: vom 13. September bis 12. Oktober 1882. – Vom 20. April 1883 aus einer Information vom Amtmann Enser an den Landrat in Arnsberg: „Weil die Pastorat zur Zeit unbenutzt war, waren die Typhus-Kranken und auch die Barmherzige Schwester Maria Isidora im Pastorat untergebracht.“ (Archiv Freienohl A 1794)
Wieviel und welche Kinder, Jugendliche, Erwachsene an der Typhus-Seuche gestorben sind, das ist – leider – nicht aktenkundig. Aus Pietät und Empathie sind hier nur die Freienohler Kinder aus dem Sterbe-Register abgeschrieben. Das Jahr, Anzahl der Verstorbenen, davon die Anzahl der Kinder, ihr Vorname und Name. Im Sterbe-Register stehen alle Daten und Namen.
Zunächst hier nur die Zahlen: Jahreszahl, Zahl aller Verstorbenen (V), davon die Anzahl der verstorbenen Kinder (K): 1881= 29 V, 15 K; 1882 = 29 V, 8 K; 1883 = 32 V, 11 K; 1884 = 37 V, 23 K; 1885 = 20 V, 8 K; 1886 = 44 V, 32 K.
Nun die Namen der Kinder: 1881: Josef Lavar, Adolphine Schwefer, Gerhard Linke, Friedrich Schwefer, Sohn des Franz Buje, Franz Herberrt Helnerus, Eva Linke, Franz Kohsmann, Paula Figge, Franz Kraas, Maria Kampmann, Christiane Höhmann, Josef Kloke, Sohn von Johann Düring, Franziska Kraas. – 1882: Maria Kerstholt, Sohn des Albert Kinkel, Fritz Kerstholt, 2 ½ Monate kein Sterbefall; eigenartig. Franziska Kerstholt, Caroline Düring, Michael Schürmann, Kind des Franz Korte, Anton Heckmann. – 1883: Clemens Korte, Georg Korte, Wilhelmine Düring, Pauline Schnapp, Christina S...(?), Elisabeth Korte, Josef Hirnstein, Kind des Josef Kerstholt, Franz Gahsda (Gahse?), Emil Maz (Maas?). – 1884: Maria Flinkerbusch, Ba...(?) Flinkerbusch, Emil Cohsmann (Ahsmann?), Catharina Kückenhoff, Josef Köster, Kind des ...(?) Kehsler, Elisbath Zacharias, Antonia Schwefer, Anton Neise, Theresia Schilling, Otto Geihsler, Johanna Kerstholt, Tochter des Franz Korte, Franz Trumpetter, Kind des Fritz Karneil, Carl Altenwerth, Anna Köster, Fritz Emil Wrede, Wilhelm Borbeck, Johannes Schwefer, Heinrich Altenwerth, Maria Köster, Elisabeth Höhmann. – 1885: Wilhelm Hahn, Josef Köster, Sohn von Aenold Krick, Antonia Rocholl, Martha Köster, Josef Hahne, Elisabeth Linke, Josef Mester. – 1886: Anna Cordel, Theresia Pöttgen, Caspar Siepe, Martin Limberg, Theresia Ahsmann, Emil Ahsmann, Ludwig Trumpetter, Heinrich Molitor, Josef Köster, Franz Siepe, Johann Krick, Franziska Schwefer, Maria Trumpetter, Elisabeth Trumpetter, Martha Schwarzfärber, Josef Schulte, Maria Trumpetter, Franz Stirnberg, Maria Köster, Bernardine Schwefer, Friedrich Weber, Johanna Kückenhoff, Emil Gördes, Josef Schürmann, Maria Göckeler, Franz Korte, Josef Kleine, Elisabeth ...(9 Monate, Name nicht genannt), August Neise, Franz Heinrich Flinkerbusch. – Das Ende der Liste bedeutet nicht das Ende der Typhus-Seuche erst und genau zum Jahreswechsel. In den Archiv-Akten ist kein Datum eingetragen für das Ende der Typhus-Seuche.
Mehr als ein Blick nach GANZ OBEN: Die Barmherzige Schwester Maria Isidora mögen dafür mitsorgen, dass Freienohl möglichst nicht zu leiden hat unter der Corona-Pandemie.
Heinrich Pasternak, Juni 2020